Schlemmen in Wien

Wien ist immer eine Reise wert und eine Stadt, die für mich zu den schönsten der Welt zählt. Daher hatte ich große Freude daran, zumindest literarisch mit Vincent Klinks „Ein Bauch lustwandelt durch Wien“ gemeinsam mit dem bekannten Starkoch dorthin zu reisen. Ein Streifzug durch Kaffeehäuser, Restaurants, Hotels und die Sehenswürdigkeiten der Stadt aus Sicht des erfahrenen Gastronomen, der dem Leser eine spannende Sicht und teils neue Perspektiven auf die österreichische Hauptstadt eröffnet und seine ganz persönlichen Lieblingsplätze und -lokale verrät.

Wenn man durch dieses hochwertige, schön aufgemachte mit zahlreichen Fotografien und teils eigenen Aquarellen Vincent Klinks illustrierte Buch blättert und liest, fängt man im Kopf sofort an zu reisen. Und wenn man die Stadt an der Donau bereits besucht hat, entdeckt man viele Orte wieder, die man selbst schon gesehen und bewundert hat – es weckt sofort schöne Erinnerungen. Doch es sind auch einige Empfehlungen und Geheimtips dabei, die Anlass geben, der Stadt einen weiteren Besuch abzustatten. Obwohl man dafür eigentlich gar keinen Grund braucht, denn nach Wien fährt man immer wieder gerne, freut sich auf das Wiedersehen mit bereits ins Herz geschlossenen Lieblingsplätzen ebenso wie auf das Entdecken von Neuem.

Vincent Klink ist Koch, Vollblutgastronom und betreibt in Stuttgart das bekannte Restaurant Wielandshöhe. Darüber hinaus ist er Fernsehkoch, ein künstlerischer Tausendsassa, Schriftsteller, Maler und vielseitig kulturell interessiert – all diese Aspekte fließen daher in seine Sicht auf die Stadt Wien ein. So kommt neben der Kulinarik und zahlreichen Empfehlungen von Kaffeehäusern, Restaurants und Hotels auch der kulturelle und geschichtliche Aspekt nicht zu kurz.

„Einem geübten Koch oder – wie in diesem Fall – einer geübten Köchin bei der Arbeit zuzusehen, das ist großes Kino. Wie überhaupt das ganze Café großes Kino ist“

(S.97)

Wie er selbst schreibt, ist „Ein Bauch lustwandelt durch Wien“ vollkommen subjektiv, d.h. seine ganz persönliche und individuelle Perspektive. Kein Reise- oder Gastroführer, der nach Vollständigkeit oder einem Gesamtüberblick der wichtigsten Sehenswürdigkeiten strebt, sondern vielmehr eine Auswahl, die ihm am Herzen liegt und aus emotionalen Gründen etwas bedeutet. Im unterhaltsamen und kurzweilig zu lesenden Plauderton erzählt er dem Leser seine ureigenen Geschichten über Wien, entführt zu ausladenden und opulenten Gelagen in exquisiten Restaurants, aber auch in bodenständigen Gasthäusern mit Tafelspitz, Wiener Schnitzel, Innereien, Gulasch, Marillenknödel, Palatschinken, Sachertorte und erlesenen, österreichischen Weinen wie Grünem Veltliner oder dem Gemischten Satz und … und … und… Dass einem da das Wasser oft im Munde zusammenläuft und man beim Lesen eigentlich ständig Appetit und Gusto auf Essen bekommt, muss ich vermutlich nicht mehr gesondert erwähnen.

Zusätzliche Würze verleihen und wunderbare Ergänzung sind Rezepte von Wiener Spezialitäten, die er persönlich notiert und verfeinert hat. So erfährt der Leser auch noch einige Küchengeheimnisse – zum selbst nachkochen.

„Der Wiener Kellner ist von seiner mentalen Haltung her knallhart, geübt und routiniert und gegen jedwedes Gezicke allergisch oder gleich ganz immun. Er ist der Chef, und wenn das geklärt ist, kommt die Annäherung.“

(S.255)

Klink schreibt wie ihm der Schnabel gewachsen ist und nimmt zu einigen Themen auch kritisch Stellung. Teils süffisant, bissig und ohne Blatt vor dem Mund schreibt der „Piefke“ über Wien und die Wiener – wie Einheimische das finden würden, kann ich nicht beurteilen, aber nachdem er auch mit einer großen Prise augenzwinkernder Selbstironie ausgestattet ist, sich selbst aufs Korn und nicht zu ernst nimmt und zudem ganz klar macht, dass es sich um seine subjektive Sicht handelt, kann er wohl auf Gnade hoffen. Dass er die Stadt liebt und ihr – ebenso wie der Wiener Küche – verfallen ist, spürt man beim Lesen.

Die Vielseitigkeit des Autors und seine breitgefächerten Interessen machen das Buch zu einer prall gefüllten Wundertüte und herrlich abwechslungsreich, so erfährt man neben Insider-Einblicken in die Gastronomie auch einiges über Jazz, Literatur, Malerei, Architektur und Geschichte.

„ (…) wir lieben es, wenn Tischgenossen schlauer sind als wir selbst, denn das Schönste ist doch zwangloses Lernen im Gasthaus. Das Gasthaus als Universität ist sowieso völlig unterschätzt.“

(S.253)

Abgerundet wird das Buch neben einer Zusammenstellung der „wichtigen Wiener“ inklusive kurzer Beschreibung derer Leben und Werk, am Ende auch mit einer Auflistung von „guten Orten“, d.h. Kaffeehäusern, Gasthäusern und Hotels. D.h. vor einer nächsten Wienreise lohnt es sich definitiv, hier nochmal einen Blick hineinzuwerfen und sich das eine oder andere Schmankerl auszusuchen.

Obwohl das Fernweh beim Lesen natürlich nicht ausbleibt, habe ich die amüsante und kurzweilige Lektüre sehr genossen. Ein Buch ganz nach meinem Geschmack, da es viele Sinne anspricht und – wie ich es auch mit meiner Kulturbowle im Kleinen versuche – Brücken zwischen Kunst, Kultur, Literatur, Kulinarik, Musik und vielem mehr schlägt. Ein Buch für Genießer, Wienliebhaber und alle die es werden wollen!

Das Buch habe ich bei einer Verlosung auf Marius’ Literaturblog Buch-Haltung in Zusammenarbeit mit den 37. Baden-Württembergischen Literaturtagen gewonnen und möchte mich hierfür nochmal sehr herzlich bedanken.

© Ullstein Verlag

Buchinformation:
Vincent Klink, Ein Bauch lustwandelt durch Wien
Ullstein
ISBN: 9783550200663

***

Wozu inspirierte bzw. woran erinnerte mich „Ein Bauch lustwandelt durch Wien“:

Für den Gaumen (I):
Zweifelsohne bekommt man beim Lesen dieses Buchs einen Mordsappetit und Gelüste auf Frittatensuppe, Wiener Schnitzel und Millirahmstrudel (hier erfährt man übrigens, warum dieser so heißt) oder ein Stück Sachertorte mit einem schönen Verlängerten oder einer Mélange.

Für den Gaumen (II):
Es empfiehlt sich eine Flasche Grünen Veltliner im Kühlschrank einzukühlen, bevor man mit der Lektüre startet. Spätestens nach dem dritten ausgiebig und schwelgerisch beschriebenem Mittagsgelage und der Erwähnung dieser typisch österreichischen Rebsorte, bekommt man einfach Lust auf ein Gläschen.

Zum Weiterhören:
Vincent Klink ist ein großer Jazzfan und da musste ich natürlich auch sofort in eine seiner Empfehlungen reinhören: Nica’s Dream, das zu seinen Lieblingsstücken zählt. Etwas zum mitswingen und mitgrooven.

Zum Weiterlesen:
Vincent Klink gibt in seinem Buch zahlreiche Tips für weiterführende Lektüre und Querverweise zu anderen Büchern. Ein Lieblingswerk scheinen wir gemeinsam zu haben, denn zu meinen absoluten Herzensbüchern zählt Stefan Zweigs „Die Welt von gestern – Erinnerungen eines Europäers“.

Stefan Zweig, Die Welt von gestern – Erinnerungen eines Europäers“
Fischer
ISBN: 978-3-596-90258-3

12 Kommentare zu „Schlemmen in Wien

  1. Ja, Wien ist für mich auch eine der faszinierendsten Städte! Ich war schon, weiß gar nicht genau – fünf Mal (?) dort. Nun wird es allerhöchste Zeit, auch unseren Töchtern die „urschöne“ Stadt zu zeigen. Wir wollten in diesen Weihnachtsferien nach Wien, zumal ich eine Freundin dort habe. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Derweil trösten wir uns und machen uns einen Kaiserschmarrn! 😋

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  2. Ohhh, das klingt ja wirklich wunderbar und das Cover! Göttlich! Und ich liebe Wien!!! Wir waren in den letzten Jahren immer auf einen Kurztrip zum genießen dort. Die österreichische Küche ist genial. Und das in der traumhaften Wiener Kulisse…besser geht kaum…
    Naja….nächstes Jahr wieder oder so…
    LG und schönen 3. Advent, Nicole

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