Spannung, Spiele und Salzburg

Am 17. Juli haben die Salzburger Festspiele klassisch und traditionell mit einem „Jedermann“ begonnen. Bis zum 31. August ist die Stadt an der Salzach jetzt wieder Bühne für Oper, Theater, Musik und Kultur. Festspielzeit in Salzburg ist auch in Manfred Baumann’s neuestem Krimi „Salzburgsünde“, dem mittlerweile bereits neunten Band aus der Reihe um Kommissar Merana – in diesem Fall handelt es sich jedoch um die Osterfestspiele.
Salzburg ist immer eine Reise wert und so war dieser Krimi für mich eine willkommene Gelegenheit, das zumindest literarisch von zu Hause aus – ohne touristisches Gewusel und Gedränge in der Getreidegasse – ganz entspannt zu tun.

Auch der neunte Merana hat wieder alles, was zu einem klassischen Regionalkrimi dazugehört:
Eine Leiche – in diesem Fall eine ziemlich alte, denn auf dem Kapuzinerberg wird ein Skelett bzw. ein Totenschädel gefunden, der zu einer Frau gehört, die bereits vor 65 Jahren verschwunden ist. Ob da wohl noch ein Täter ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden kann?
Einen sympathischen Kommissar mit dunklen Flecken in der Vergangenheit – Martin Merana, der bereits auf tragische Art und früh zur Waise wurde und bei seiner Großmutter aufgewachsen ist, die er daher über alles liebt.
Politische und persönliche Verstrickungen, denn schon bald stellt sich heraus, dass Merana die Tochter des Opfers kannte und daher ein ganz besonderes Interesse daran hat, den Fall zu lösen.
Den traditionellen Besuch im Stammlokal „Da Sandro“, wo man sich stets mit bester italienischer Kost, Pasta und Wein um das leibliche Wohl des Kommissars kümmert.
Und natürlich viel Salzburger Lokalkolorit: So erfährt man dieses Mal etwas über die Osterbräuche, wie das Ratschen und taucht ab in das Geschehen rund um die Osterfestspiele. Gemeinsam mit Merana besucht man eine Aufführung des Parsifal von Richard Wagner.

„Er schrieb oft im Kopf sein völlig eigenes Libretto. Oder, besser ausgedrückt, viele Fußnoten, Anmerkungen, Ermittlerfragen zum Libretto. Er konnte einfach nicht anders. Er war und blieb Kriminalpolizist.“

(S.51)

Zudem wandert man mit ihm zum Fundort der Leiche auf den Kapuzinerberg und genießt die Aussicht…

„Wie immer, wenn er heraufkam, wollte er den verschwenderisch pompösen Ausblick genießen. Er trat an die Mauer, atmete tief durch. Der Anblick war schier unbeschreiblich. Er schaute hinüber zum Mönchsberg. Dort dominierte das Prunkstück der gesamten Szenerie: die Festung. Ihr zu Füßen ruhte die Stadt mit Häusern, Kirchen, spektakulären Dachlandschaften. Dazwischen wand sich der Fluss, das Silberband der Salzach. Ein wahres Schmuckstück bot sich seinen Augen, ein Juwel zwischen den Stadtbergen.“

(S.79)

Der Fall der vor langer Zeit verschwundenen Lehrerin, die bei ihren Schülern sehr beliebt war, bekommt bald schon zusätzliche aktuelle und politische Brisanz.
Dass der Kommissar plötzlich auch in höchsten Industriellenkreisen und in einem potenziellen Umweltskandal ermittelt, missfällt zudem seinem Vorgesetzten und so muss er auf dem glatten Parkett der Salzburger High Society sein diplomatisches Geschick beweisen. So wandelt sich der vermeintliche „cold case“ schnell zu einer heißen Angelegenheit, die Merana schließlich selbst in Gefahr bringt…

Ich mag diesen Merana, flaniere gerne mit ihm durch Gassen, genieße Kunst und Kultur und verstehe seine Vorliebe für den Lieblingsitaliener um die Ecke – dass ich bei jedem Fall wieder ein klein wenig mehr über Salzburg erfahre, das zeichnet diese Krimis für mich aus.
Liebhaber blutrünstiger Spannungsliteratur oder Fans vertrackter Psychothriller, die das Blut in den Adern gefrieren lassen, sollten wohl besser die Finger von Manfred Baumann’s Büchern lassen. Wer aber Salzburg liebt, gerne im Café Tomaselli sitzt und seinen Verlängerten, eine Melange oder einen Einspänner trinkt, hin und wieder mit Genuss eine Mozartkugel isst, gerne Konzerte oder Opern besucht und dann noch ein Faible für klassische Regionalkrimis hat, der wird seine Freude haben und Kommissar Merana ins Herz schließen.

Den ersten Fall von Kommissar Merana „Jedermanntod“ kaufte ich vor einigen Jahren im Buchladen am Salzburger Hauptbahnhof vor der Heimfahrt nach einem herrlichen, entspannten Tag in der Stadt als Andenken und gleichsam als willkommene Verlängerung des schönen Aufenthalts. Seitdem bin ich auch mit weiteren Bänden der Reihe durch die Krimilektüre immer wieder gerne ins schöne Salzburg zurückgekehrt – zumal gerade der Lokalkolorit und die kulturellen Ausflüge in die Musik-, Theater- und Opernwelt für mich den Charme dieser Bücher ausmachen.
Gerade neu erschienen war „Salzburgsünde“ daher für mich eine willkommene, entspannte und unterhaltsame Sommerlektüre.

Die Lust auf die Salzburger Festspiele ist auch geweckt, daher noch ein paar Tips bzw. Termine:
Am Samstag, den 7. August 2021 um ca. 22.00 Uhr ist auf ARTE (oder ORF2) Mozart’s „Don Giovanni“ aus dem Großen Festspielhaus zu erleben (Regie: Romeo Castellucci; Musikalische Leitung: Theodor Currentzis).

Samstag, den 21. August 2021 um 22.15 Uhr strahlt 3sat die diesjährige Neuinszenierung von Luigi Nono „Intolleranza 1960“ unter der musikalischen Leitung von Ingo Metzmacher aus.

Alle, die ORF empfangen können, haben am Freitag, den 27. August 2021 um 20.15 Uhr auf ORF2 die Möglichkeit Anna Netrebko als Puccini’s „Tosca“ zu sehen – Ehemann Yusif Eyvazov gibt den Cavaradossi und Ludovic Tézier singt den Baron Scarpia.

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Gmeiner Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Auf meine Meinung und Rezension des Buches hatte dies keinen Einfluss.

Beim Klick auf den Titel gibt es nähere Informationen zum Buch auf der Seite des Verlags.

Buchinformation:
Manfred Baumann, Salzburgsünde
Gmeiner Verlag
ISBN: 978-3-8392-0075-9

***

Wozu inspirierte bzw. woran erinnerte mich Manfred Baumann’s „Salzburgsünde“:

Für den Gaumen:
Im Rahmen seiner Ermittlungen verschlägt es Merana auch an den nahegelegenen Fuschlsee, wo er die Möglichkeit nutzt, um exquisit zu speisen: auf der Tageskarte steht ein Filet vom Seesaibling mit Paprikapolenta.

Zum Weiterhören:
Baumann stellt gerne Opern oder Theaterstücke ins Zentrum seiner Krimis – während der Festspiele scheint ja ganz Salzburg eine Bühne zu sein. So hieß unter anderem der Auftakt der Reihe „Jedermanntod“, ein späterer Band „Zauberflötenrache“. In „Salzburgsünde“ ist das beherrschende Stück Richard Wagner’s Bühnenweihfestspiel „Parsifal“, das Kommissar Merana während der Osterfestspiele besuchen darf (zum Hineinhören bietet sich der „Karfreitagszauber“ an).

Zum Weiterlesen:
Meine allererste Rezension auf der Kulturbowle war dem Salzburg-Roman von Opernstar Rolando Villazón „Amadeus auf dem Fahrrad“ gewidmet – eine wahre Liebeserklärung an Salzburg, die Musik, Mozart, die Oper und die Kunst – ein Buch ganz nach meinem Geschmack und ein würdiger Auftakt für meinen Blog (vor mittlerweile nicht ganz einem Jahr).

Rolando Villazón, Amadeus auf dem Fahrrad
Aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen
Rowohlt Verlag
ISBN:  978-3-498-07070-0

5 Kommentare zu „Spannung, Spiele und Salzburg

  1. Für mich ist Salzburg immer der schnellste Weg, um in ein richtiges Kaffeehaus zu kommen! Kriminalromane mit Lokalkolorit haben ja gerade Konjunktur. Eine Geschichte, die in meinem geliebten Salzburg spielt, stelle ich mir nett vor, deshalb danke für diese Buchvorstellung. Außerdem mag ich Krimis aus Österreich, was meine vollständige Brenner-Sammlung hinreichend belegt. Ich habe mir jedenfalls gerade Jedermanntod bestellt. Vielleicht mal etwas anderes, als Griechenland…

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    1. Sehr gerne. Salzburg ist einfach eine wunderbare Stadt – und auch die Kaffeehauskultur trägt da einen wesentlichen Teil dazu bei… ich hoffe, Dir gefällt der „Jedermanntod“ – ich finde, das passt jetzt einfach gut in den Sommer und die Festspielzeit. Schöne Grüße nach München!

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