Maibowle 2025 – Tangoklänge und Seewind

Dieser Mai ist mit hohem Tempo an mir vorbeigerauscht. Und rückblickend hätte er wohl auch unter dem Motto „Mehr Leben, weniger Lesen“ stehen können. Denn diesen Monat blieb aus verschiedensten Gründen wenig Zeit fürs Schreiben und für Lektüre, aber doch für einige schöne kulturelle Momente und auch dafür, die Nase statt in Bücher zu stecken ein wenig in den Seewind zu halten.
So fällt auch diese Maibowle zwar kurz und knackig, aber hoffentlich nicht weniger beschwingt aus.

Ein Theaterausflug nach Regensburg zu Jacques Offenbachs launiger Operette „Die Reise zum Mond“ hat sich auf jeden Fall gelohnt und auch die Inszenierung von Ray Bradburys Klassiker „Fahrenheit 451“ im Landestheater Niederbayern war absolut sehenswert. Erschreckend, welche Aktualität das Werk aus dem Jahr 1953 heute noch besitzt.

Obwohl auch wenig Zeit fürs Fernsehen blieb, habe ich dennoch auch diesen Monat eine Empfehlung: In der 3Sat-Mediathek ist aktuell der Fernsehfilm „Die mutigen 56 – Deutschlands längster Streik“ (bis 28.04.2026 abrufbar) zu sehen, der basierend auf wahren Begebenheiten den Streik der Kieler Werftarbeiter für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall im Jahr 1956 thematisiert.

Bei meinen Lektüren gab es im Mai eine Handvoll Bücher von, mit und über starke Frauen:
So zum Beispiel wieder einen Krimi-Klassiker der großen Josephine Tey: „Ein Schilling für Kerzen“. Inspector Alan Grant ermittelt darin in einem englischen Badeort an der Südküste und erneut war es für mich faszinierend zu sehen, wie spannend und zeitlos unterhaltsam sich dieser Krimi aus dem Jahr 1936 auch heute noch lesen lässt.

Mariann Edgar Budde, die Bischöfin der Episcopal Diocese of Washington, ist wohl vielen seit ihrer Predigt bei Donald Trumps Amtsantritt im Januar 2025 ein Begriff. Ihr Buch „Mutig sein“ ist mittlerweile auch in deutscher Übersetzung erhältlich und es war schön in den Medien zu lesen und zu sehen, wie herzlich und begeistert sie von den Teilnehmern des Deutschen Evangelischen Kirchentags in Hannover empfangen wurde.
Als Tipp in diesem Zusammenhang: Das Hauptpodium „Wir können mutig sein – Über Zivilcourage in einer gnadenbedürftigen Zeit“ mit Heinrich Bedford-Strohm und Marianne Edgar Budde, das am 3. Mai 2025 auf dem Kirchentag in Hannover stattfand, gibt es übrigens hier online auch noch auf YouTube zu sehen. Diese Veranstaltung fand in englischer Sprache statt, ist jedoch ebenfalls sehr gut zu verstehen.

Die kanadische Autorin Rebecca Godfrey konnte ihr großes Romanprojekt „Peggy“ leider vor ihrem frühen Krebstod nicht mehr komplett fertigstellen, so dass dies letztlich von Leslie Jamison zum Abschluss gebracht wurde. Erzählt werden darin Szenen und Abschnitte aus der wechselvollen Lebensgeschichte der schillernden Persönlichkeit Peggy Guggenheim:

„(…) aber es gab Momente in meinem Leben, von denen ich lieber einen Schritt zurücktrat und sie betrachtete wie ein Gemälde. Aus der Distanz waren sie besser zu begreifen und wirkten dank einer gewissen Komposition sogar schön.“

(aus Rebecca Godfrey/Leslie Jamison „Peggy“, S.22/23)

Länger beschäftigt – schon allein von der Lesezeit und der Konzentrationsleistung her gesehen – hat mich die sehr interessante und umfassende Biografie „Der Mensch Martin Luther“ der in Oxford lehrenden Historikerin Lyndal Roper. Roper ist Expertin für die Zeit der Reformation und hat gerade auch ein neues Buch zum 500. Jahrestag des Bauernkrieges veröffentlicht.

Seit vielen Jahren lese ich immer im Mai bei Erscheinen der Taschenbuchausgabe einen neuen Fall von Bruno Chef de Police und tauche mit Martin Walkers Krimi für ein paar hundert Seiten lang ab im schönen Périgord. Die Mischung aus Kulinarik und Krimi vor schöner landschaftlicher Kulisse gehört für mich mittlerweile zu einem entspannenden Sommerauftakt irgendwie dazu. Und auch wenn der sechzehnte Fall „Im Château“ für mich nicht unbedingt zu den stärksten Bänden der Reihe zählte, bin ich nächstes Jahr sicher wieder mit am Start.

Was bringt der Juni?

Beim Landestheater Niederbayern beginnen die Burgenfestspiele und ich hoffe auf gutes Wetter, so dass „Der Räuber Kneissl“ hoffentlich im Freien bzw. im schönen Prantlgarten stattfinden kann.
Und auch auf die niederbayerische Inszenierung des „Lohengrin“ bin ich schon sehr gespannt – im Juni gibt es große Oper in Landshut.

Für den Lesekreis werde ich mich in die Lektüre vorn Arno Geigers „Das glückliche Geheimnis“ stürzen – ein schöner Anlass, um diesen Punkt auf meiner Lesewunschliste endlich in Angriff zu nehmen.

Im Juni und Juli 2025 besteht an den Wochenenden die Möglichkeit, das Wohn- und Künstlerhaus von Fritz Koenig in Ganslberg (im Landshuter Umland) zu besuchen. Eine seltene Gelegenheit, die ich unbedingt nutzen möchte.

Und als Fernseh-Kulturtipp: Was wäre das Jahr ohne das „Waldbühnenkonzert der Berliner Philharmoniker“, das am Samstag, den 28. Juni 2025 ab 20.15 Uhr auf 3sat live übertragen wird und dieses Jahr unter der musikalischen Leitung von Gustavo Dudamel steht?

Auch wenn die erste Woche wettertechnisch noch nicht so danach ausgesehen hat, wünsche ich allen einen großartigen Juni, schöne, lange und helle (Früh)Sommerabende und das gewisse Mittsommergefühl! Genießt diesen Monat, das Licht, feine Bücher und schöne Erlebnisse in der Natur oder mit Kultur!

Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.

Gaumen-Highlight Mai:
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich hier wiederhole: Die ersten heimischen Erdbeeren des Jahres sind einfach alljährlich ein Genuss.

Musikalisches im Mai:
Da muss ich diesen Monat nicht lange überlegen: Zweifelsohne die Misa a Buenos Aires (Misatango) von Martín Palmeri und ein wunderbares und unvergessliches Konzert in der Landshuter Christuskirche. Eine schöne Aufnahme zum Reinhören gibt es vom WDR hier auf YouTube (Solistin: Marie Luise Dreßen).

Meine persönlichen Haiku-Experimente haben auch im Mai Fortsetzung gefunden, daher gibt es auch diesen Monat wieder ein paar Kostproben und Impressionen:

Wohlige Stille
als Fundament der Ruhe
nach lauten Tagen

© Kulturbowle 2025

Trotziger Frohsinn
Tragfähige Zuversicht
im Lebensgepäck

© Kulturbowle 2025

Grünexplosion
die Natur feiert sich selbst
ohne Hemmungen

© Kulturbowle 2025

Goldenes Schimmern
ein Feld in strahlendem Gelb
Frühlingsleuchtfeuer

© Kulturbowle 2025

Lieblingsfarbtöne
wie Kunstwerke im Alltag
Wölkchen am Himmel

© Kulturbowle 2025

Leuchtfeuer im Grau
lenkt uns sicher durch die Nacht
Standhalten im Sturm

© Kulturbowle 2025

Entspannung finden
auch Eselsohren schätzen
auf einmal ganz leicht

© Kulturbowle 2025

Weiter Horizont
Blicke schweifen ins Ferne
Loslassen üben

© Kulturbowle 2025

4 Kommentare zu „Maibowle 2025 – Tangoklänge und Seewind

  1. Wie fein, die frische Maibowle!

    Frau Budde beim Kirchentag hatte ich wahrgenommen, ein paar andere Übertragungen und Aufzeichnungen gesehen. Mal nachschauen … Frau Roper sprach im März in Nürnberg bei der Tagung zum Nürnberger Religionsgespräch 1525: „What deserves a monument? Dürers Bauernsäule“. Mal nachlesen … Der Entwurf Dürers wurde als Denkmal gefertigt von Bildhauer Timm Kregel und im April in Mühlhausen aufgestellt.

    Schöne Fotos und Haikus! Aussichten mit Farbenlehre und Eselsohren. Danke, liebe Barbara, und herzliche Wünsche für den Juni sendet Bernd

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    1. Vielen lieben Dank, Bernd! Für die schöne Rückmeldung, Dein aufmerksames und offenes Mitlesen und das bereichernde Ergänzen durch Deine Wahrnehmung der Themen. Es freut mich, etwas zum Klingen zu bringen und Resonanz zu bekommen. Herzliche Grüße, eine gute Pfingstwoche und einen schönen Juni! Barbara

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  2. Wie fein, diesmal spricht mich besonders dein letzter Haiku und das traumhafte Foto dazu an. Josephine Tey wird hier auch so nach und nach gelesen 🙂 Auch dir einen schönen Juni. LG Anna

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    1. Oh, das freut mich sehr! ☺️
      Vielen lieben Dank, Anna!
      Mit den Haikus bewege ich mich noch im völligen Neuland, aber habe gerade einfach Freude daran. Um so schöner, wenn sie außer mir selbst noch jemanden „ansprechen“ 🙂
      Ich wünsche Dir von Herzen einen hoffentlich ebenso ansprechend-schönen, sommerlichen Juni mit feiner Lektüre! Barbara

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