Abgesehen von ein paar kurzen Schneeintermezzi präsentierten sich der Dezember und auch die Weihnachtstage eher grau und verregnet. So konnte man guten Gewissens viel Zeit zu Hause verbringen und lesend auf der Couch genießen. So geht ein ruhiger Dezember zu Ende, der sich für mich literarisch sehr vielseitig gestaltet hat:
Eine faszinierende, ungewöhnliche Perspektive auf die wunderschöne Stadt Potsdam bot mir Ludwig Sternaux’s „Potsdam – Ein Buch der Erinnerung“ aus dem Jahr 1924. Melancholisch blickt der Autor zurück auf die Glanzzeiten der preußischen Monarchie und der Stadt, die so reich ist an Geschichte, Baukunst, Parks und Gärten. Reiseliteratur der anderen Art – fast hundert Jahre alt – und doch öffnet sie einem auch heute noch die Augen für interessante und schöne Aspekte Potsdams.
Ein Sonnenschein von einem Buch über eine tolle Persönlichkeit: Susanne Wiedmann’s Biografie „Cranko, Haydée – und ich, George Bailey“ bescherte mir schwungvolle, interessante und doch auch nachdenkliche Lesestunden. Die Biografie über den langjährigen Korrepetitor des Stuttgarter Balletts ist für Ballettfreunde, Musikliebhaber und Fans von spannenden Lebensgeschichten eine absolut lohnenswerte Lektüre. So kam im grauen Dezember für mich zumindest literarisch die Sonne durch.
Der zweite Teil der nobelpreisgekrönten Trilogie von Sigrid Undset „Kristin Lavranstochter – Die Frau“ versetzte mich erneut zurück ins mittelalterliche Norwegen. Kristin reift zur Frau, wird mehrfache Mutter und hat an der Seite ihres Mannes Erlend so manche Krise durchzustehen. Ein opulenter Roman vor grandioser Naturkulisse über den Kreislauf des Lebens, Werden und Vergehen und große Gefühle.
Seit „Acht Berge“ bin ich ein Fan von Paolo Cognetti, so war ich natürlich sehr neugierig auf den neuen Roman „Das Glück des Wolfes“, der den Leser wieder in die italienische Bergwelt entführt. Ein wohltuendes, stilles und meditatives Buch, welches das Herz am rechten Fleck hat und eine wunderbare Winterlektüre sein kann. Mehr dazu gibt es in Bälde.
Kurz vor dem Tod des Verlegers am 17.12.2021 habe ich noch einen Band aus der SALTO-Reihe gelesen: „Italienische Weihnachten“, das 2019 von Klaus Wagenbach herausgegeben wurde. Die italienische Literatur lag ihm stets ganz besonders am Herzen. Und auch wenn diese Geschichten italienischer Autorinnen und Autoren in diesem Band mich nicht so richtig in Weihnachtsstimmung versetzen wollten, zeigen sie doch die Vielfalt unterschiedlicher Facetten und Perspektiven auf das Land Italien – durch Erzählungen aus der Feder von Natalia Ginzburg, Italo Calvino, Andrea Camilleri, Leonardo Sciascia und viele andere mehr.
Von einer neuen Seite präsentiert sich der bisher vor allem durch historische Romane (z.B. „Die Fälscherin von Venedig“) bekannt gewordene Autor Christian Schnalke in seinem neuen Roman „Louma“ – eine wunderbar warmherzige Geschichte über eine ungewöhnliche Patchworkfamilie: Nach dem Tod der Mutter müssen vier Kinder und ihre zwei Väter sich zusammenraufen und gemeinsam das weitere Leben meistern. Ein ernstes Thema, das Schnalke auf unwiderstehliche Weise stets respekt- aber vor allem auch humorvoll erzählt. Eine ausführliche Rezension folgt im neuen Jahr.
An diesem Roman komme auch ich in diesem Jahr nicht vorbei: Eva Menasse’s „Dunkelblum“ ist ein düsteres Meisterwerk der Zwischentöne und große Literatur. Jetzt über die Weihnachtstage hatte ich endlich die Muße und Konzentration, das vielbesprochene und zu Recht gelobte Werk in Ruhe zu lesen und zu genießen.
Schon das Cover mit den Regentropfen passte jetzt einfach perfekt in die Zeit und das Lesejahr mit einem Krimi ausklingen zu lassen, der dieses Jahr in Großbritannien auf den Bestsellerlisten ganz weit oben stand, entpuppte sich als gute Idee: Janice Hallett’s Debütroman „Mord zwischen den Zeilen“ ist ein richtiger „Pageturner“ im besten Sinne, denn einmal begonnen, kann man ihn wirklich kaum mehr aus der Hand legen. Keine Angst – ich werde bald ausführlicher berichten.
Und an der Filmfront?
Als sehr sehenswert habe ich das Dokudrama „Dürer“ auf ARTE (noch in der Mediathek verfügbar bis 03.03.2022) empfunden, da ich viel Neues – vor allem auch über die Rolle seiner Frau Agnes erfahren habe. Für Kunstinteressierte eine große Empfehlung!
Die besondere Beziehung zwischen Bertha von Suttner und Alfred Nobel steht im Mittelpunkt des Fernsehfilms aus dem Jahr 2014 „Eine Liebe für den Frieden“ (hochkarätig besetzt mit Birgit Minichmayr, Sebastian Koch und Philipp Hochmair), der noch bis zum 02.01.22 (20.15 Uhr) in der ARD Mediathek abrufbar ist. Intelligente Fernsehunterhaltung, die mir eine faszinierende Persönlichkeit bzw. die erste weibliche Nobelpreisträgerin etwas näher gebracht hat.
Dass Bloggen inspirierend ist und kreativ macht, konnte ich diesen Monat gleich zweimal unter Beweis stellen:
Bei Christiane’s wunderbarem Adventskalender auf ihrem Blog „Irgendwas ist immer“ durfte ich eine Adventüde, d.h. eine von mir verfasste Geschichte beisteuern. Wer sie noch gerne lesen möchte, findet sie hier.
Die Sterne auf dem Beitragsbild habe ich bei Nanni auf ihrem kreativen Blog „Helden der Vorzeit“ entdeckt und dann tatsächlich seit langem wieder einmal selbst zum Strickzeug gegriffen.
Im Januar 2022 möchte ich unbedingt auch wieder über Live-Theater berichten.
Im Dezember habe ich hingegen auf zwei andere Formate meines Heimattheaters zurückgegriffen:
In der Mediathek des Landestheater Niederbayern gibt es noch bis zum 09.01.2022 die Videoaufzeichnung des diesjährigen Kinderstücks von Otfried Preußler „Die kleine Hexe“ zu sehen. Wer Kind geblieben ist und die kleine Hexe und ihren Raben Abraxas auf den Weg zum Hexentanz auf dem Blocksberg begleiten möchte, ist herzlich eingeladen – mir hat das Stück viel Freude bereitet.
Für erwachsene Krimi- und Hörspielfreunde kann ich hingegen den dreiteiligen Krimipodcast „Flashback“ von Thomas Ecker sehr empfehlen: spannende Unterhaltung, welche vom Landshuter Schauspielensemble eingesprochen wurde und die ebenfalls in der Mediathek des Theaters zu finden ist.
Bleibt mir nur noch erneut auf ein besseres 2022 für alle Kulturliebhaber und Kulturschaffenden zu hoffen. Ich wünsche allen, die meine Kulturbowle lesen und verfolgen einen guten Rutsch, einen stimmungsvollen, besinnlichen Jahresausklang und ein gesundes, gutes und glückliches neues Jahr 2022!
Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.
Gaumen-Highlight Dezember:
Als Wintergemüse gehört für mich seit einigen Jahren der Grünkohl im Dezember auf den Speiseplan: ob im Zusammenspiel mit Kartoffeln oder zur Pasta, saisonal ist der Grünkohl jetzt eine gute Wahl.
Musikalisches im Dezember:
Begeistert haben mich diesen Monat die King’s Singers, die ich auf BR Klassik in einem Weihnachtsspecial von „Sweet Spot“ erleben durfte. Faszinierender A-cappella-Klang in der Besetzung mit zwei Counter-Tenören, einem Tenor, zwei Baritonstimmen und einem Bass. Aktuell (Stand: 29.12.21) findet man die Sendung noch auf der Homepage von BR Klassik.










Zwischen dem Alten,
(Ausschnitt aus „Zum neuen Jahr“ von Johann Wolfgang von Goethe)
Zwischen dem Neuen
Hier uns zu freuen,
Schenkt uns das Glück,
Und das Vergangne
Heißt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.