Junibowle 2025 – Erdbeersüße und Honiglicht

Im Juni haben wir nicht nur Mittsommer und den kalendarischen Sommeranfang gefeiert, sondern auch wettertechnisch hat uns der Sommer erreicht – mit heißen Tagen und Hitzegewittern, aber auch mit hellen, lichten Stunden und lauen Abenden, in welchen die Umgebung in warmes Honiglicht getaucht wurde.
So bot es sich an, es aufgrund der Hitze etwas ruhiger angehen zu lassen und sich im Schatten ein ruhiges, luftiges Plätzchen zum Lesen zu suchen.

Doch auch die Landshuter Theatersaison näherte sich mit großen Opern ihrem Finale: Während ich mit Alban Bergs „Lulu“ trotz großartiger Inszenierung und grandioser Hauptdarstellerin musikalisch leider nicht so recht warm geworden bin, war Richard Wagners „Lohengrin“ ein würdiger, klangvoller Abschluss dieser Spielzeit.

Mein persönliches Theaterhighlight in diesem Monat war rückblickend jedoch „Der Räuber Kneissl“ von Wolfgang Maria Bauer im Landshuter Prantlgarten – eine sehr gelungene Mischung aus Schauspiel und mitreißender Musik, welche die traurig-tragische Geschichte des Mathias Kneißl erzählt, der 1902 in Augsburg mit der Guillotine hingerichtet und teilweise als „bayerischer Robin Hood“ verklärt wurde.

Und wer lieber noch etwas Freiluft-Sommer-Picknick-Flair nachtanken möchte: Das diesjährige „Waldbühnenkonzert der Berliner Philharmoniker“ mit lateinamerikanischen Rhythmen unter der musikalischen Leitung von Gustavo Dudamel steht noch bis zum 26. Oktober 2025 in der ARD Mediathek zur Verfügung.

Da der Fernseher sonst weitestgehend aus blieb im Juni, gibt es zwar keinen weiteren TV-Tipp, dafür um so mehr gelesene Bücher, die ich – um Euch nicht zu viel Lesezeit zu stehlen oder zu langweilen – nur kurz vorstellen werde:

In Sven Strickers Krimi „Sörensen macht Urlaub“ geht ein geplanter Urlaub gehörig in die Binsen und der Kommissar muss sich plötzlich auch noch in der Freizeit und im familiären Umfeld als Ermittler betätigen.

Der Sänger und Autor Peter Tilch – Mitglied des Musiktheaterensembles des Landestheater Niederbayern – hat mit „Von Träumen und Gelbbauchunken“ ein feinsinniges, kleines Buch voll moderner Märchen veröffentlicht, die zum Schmunzeln und Träumen einladen.

Beglückend habe ich auch die Lektüre meiner Lesekreis-Monatsauswahl empfunden: Denn ich mochte in Arno Geigers „Das glückliche Geheimnis“ die sehr wertschätzende und positive Grundstimmung, die Liebe zur Literatur, die immer wieder durchklingt und natürlich Zitate wie Folgendes:

„Dabei sind Bücher eins vom Großartigsten, was es gibt, in mehr als nur einer Hinsicht. Durchs Lesen verkürzen wir unsere Lebenszeit nicht, wir verlängern sie. In wenigen Stunden können wir die Erfahrungen nachvollziehen, die ein anderer Mensch in Jahren oder Jahrzehnten gemacht hat. Wir gewinnen Erfahrung im Zeitraffer. Derlei Wundersames vermögen Bücher.“

(aus Arno Geiger „Das glückliche Geheimnis“, S.228)

Und auch die sehr reflektierten und intelligenten Bücher von Daniel Schreiber „Zuhause“ und „Allein“, habe ich mit großem Interesse und Gewinn gelesen. Ein Autor, der mich sicherlich weiter begleiten wird und bei dem ich mich auf alles freue, was da noch kommen wird.

„Um die inneren Wogen zu glätten, hilft es, sich in die Gesellschaft von Menschen zu begeben, die man gut kennt und denen man vertraut.“

(aus Daniel Schreiber „Allein“, S.17)

Nachdem mich „Die sieben Todsünden“ vor kurzem sehr fasziniert haben, wollte ich unbedingt auch Annette Kehnels vorheriges Buch „Wir konnten auch anders“ lesen, für das sie den NDR-Sachbuchpreis 2021 gewonnen hat. Es ist interessant, wie sie anhand zahlreicher Beispiele aus der Geschichte klar macht, dass Nachhaltigkeit früher keine Seltenheit, sondern vielmehr oft naheliegend und selbstverständlich war.

In den folgenden zwei Romanen haben Autorinnen jeweils einem Elternteil ein literarisches Denkmal gesetzt:
Carolin Peters beschreibt in „Ein anderes Leben“ die unkonventionelle Lebensgeschichte ihrer Mutter, die bereits Patchwork-Familie lebte, als diese noch nicht so hieß.
Und Dana von Suffrin nähert sich in „Otto“ ihrem Vater und ergründet die Geschichte eines jüdischen Familienpatriarchen, der es seinen Töchtern nicht immer leicht gemacht hat.

Gerne gelesen habe ich Steffen Schroeders Roman „Der ewige Tanz“, der das kurze Leben der Tänzerin Anita Berber in den Mittelpunkt stellt und vom Brennen und Verbrennen in den wilden Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erzählt.

„Vielleicht ist das so, dachte Anita, vielleicht hält das Leben manchmal den Atem an, damit der kostbare Augenblick nicht vorübergeht.“

(aus Steffen Schroeder „Der ewige Tanz“, S.113/114)

Neues gelernt habe ich auch bei der Lektüre von Agatha Christies Krimi „Mord mit verteilten Rollen“:
Zum einen, dass das Phänomen des Krimi-Dinners oder der fingierten „Mörderjagd“ (S.22) wohl auch schon im Erscheinungsjahr des Romans 1956 en vogue war und zum anderen, dass ich mich in meinen kulinarischen Vorlieben doch sehr deutlich von Hercule Poirot unterscheide:

„Er nahm sich eine zweite Scheibe Toast, inspizierte verdrossen das Töpfchen mit der Bitterorangenmarmelade und sah sich auf dem Tisch um, ob es noch irgendeine andere Konfitüre gab. Da dem nicht so war, begnügte er sich mit Butter.“

(aus Agatha Christie „Mord mit verteilten Rollen“, S.172)

Und um den Sommer auch literarisch gebührend zu begrüßen, gab es gleich vier Bücher, die diesen explizit im Titel tragen:
Nicola Upson lässt in „Tödliche Sommerfrische“ Josephine Tey ihren vierzigsten Geburtstag in illustrer Gesellschaft – denn auch die Hitchcocks sind zugegen – im walisischen Urlaubsort Portmeirion feiern. Und ganz nebenbei verhandelt sie noch über den Verkauf der Filmrechte von „Klippen des Todes“ (bzw. „Ein Schilling für Kerzen“, den ich vor kurzem hier auf dem Blog vorgestellt habe).

Ein Sommerbuch völlig anderer Art hat Martina Bogdahn mit ihrem Erfolgsroman „Mühlensommer“ geschrieben. Wie sie von ihrer Kindheit und Jugend auf dem fränkischen Bauernhof und ihrer Familie erzählt, ist wärmend und herzerfrischend zugleich. War ich letztes Jahr, als das Buch auf den Bestsellerlisten und in aller Munde war, noch skeptisch-zurückhaltend, bin ich jetzt wirklich froh, dass ich es doch gelesen habe.

Weniger leichtfüßig ging es hingegen im Roman „Sommer in Belfast“ der nordirischen Autorin Lucy Caldwell zu, welche die angespannte Zeit in den Achtziger Jahren in Belfast anhand einer vom Konflikt gespaltenen Familie erzählt.

Mit Sandra Altmanns „Talsommer“ ging es dann wieder zurück nach Bayern und zwar ins Chiemgau der Jahrhundertwende bzw. den Sommer 1899 – hier kommt die junge Mizzi in Berührung mit Sommerfrischlern und „Berggymnasten“ und muss den plötzlichen Verlust ihrer Freundin Lisei verarbeiten, die aus dem Armenhaus kommt und in der Tiroler Ache ertrinkt. Wurde sie unter Wasser gedrückt?
Ein sehr spannender, dichter und atmosphärischer Roman, den ich wirklich empfehlen kann.

Was bringt der Juli?

Sicherlich nochmal Wärme und Hitze – wie schon die ersten Julitage erahnen lassen. Aber hoffentlich auch viel Schönes, Erfrischendes und Erquickendes.

So möchte ich eine ganz besondere Ausstellung besuchen: Im Rahmen von „Kosmos Koenig“ wird das ehemalige Wohnhaus und Atelier bzw. der Lebensmittelpunkt des Künstlers Fritz Koenig in Ganslberg für die Öffentlichkeit geöffnet. Eine seltene Gelegenheit bzw. Möglichkeit, die ich unbedingt wahrnehmen möchte.

Für den Lesekreis begebe mich literarisch nach Irland und nach „Long Island“ im gleichnamigen Roman von Colm Tóibín, bevor es dann auch hier in die Sommerpause geht.

Und verbunden mit etwas Sommerfrische steht vor allem auch ein ganz besonderer Theaterausflug auf dem Plan, auf den ich mich sehr, sehr freue.

Ich wünsche allen, die hier mitlesen, einen schönen Juli voll kostbarer Augenblicke und mit allem, was für Euch zu einem gelungenen Sommer gehört – aber vor allem auch mit ausreichend körperlicher und geistiger Erfrischung! Macht es Euch fein und passt auf Euch auf!

Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.

Gaumen-Highlight Juni:
Wenn es die rote Sommernascherei dieses Mal sogar schon in den Titel meiner Monatsbowle geschafft hat, dann sollte sie natürlich auch in dieser Kategorie zur Geltung kommen und zwar in einer sehr feinen – wenn auch gehaltvollen – Kombination: Erdbeeren mit Mascarponecreme.

Musikalisches im Juni:
Im Kopf besonders hängengeblieben ist mir diesen Monat eine wilde Sommermischung aus Wagners „Lohengrin“ und der in der Waldbühne obligatorischen Zugabe „Berliner Luft“ von Paul Lincke.

Und weil aller guten Dinge bekanntlich drei sind, gibt es jetzt zum dritten Mal ein paar bebilderte Monats-Haikus aus meiner Feder:

Goldene Gräser
abendlicher Spaziergang
warmes Honiglicht

© Kulturbowle 2025

Mohnblumenleuchten
setzt Herzschläge ins Grüne
ideales Rot

© Kulturbowle 2025

Rote Erdbeeren
Sonnensüße füllt den Mund
den Sommer schmecken

© Kulturbowle 2025

Junigewitter
die Energie entlädt sich
mit Donnergrollen

© Kulturbowle 2025

11 Kommentare zu „Junibowle 2025 – Erdbeersüße und Honiglicht

    1. Dankeschön, Nina!
      Erdbeeren und Poesie sind ja auch eine unwiderstehliche Kombination! 🍓
      Fast so gut wie Mascarpone 😉
      Liebe Grüße, einen wunderschönen Sonntagabend und einen feinen Juli! Barbara

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  1. Hier blieb der Fernseher im Juni auch weitgehend ausgeschaltet, aber einen TV-Tipp (nachzuschauen in der ARD-Mediathek bis zum 30. Juli) habe ich dennoch, nämlich die Verfilmung von Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann“.

    Natürlich nicht so toll wie das Buch, aber trotzdem charmant gemacht und mit Bildern im „Amélie“-Look.

    Viele Grüße und eine angenehme Woche
    Christoph

    Gefällt 2 Personen

    1. Dankeschön Christoph. Das Buch war bei mir sogar eine Lesekreis-Lektüre.
      Grundsätzlich bin ich ja immer skeptisch bei Literaturverfilmungen, aber „Amélie“-Look klingt vielversprechend, d.h. vielleicht sollte ich dem Ganzen doch eine Chance geben. 😉
      Danke für den Tipp, herzliche Grüße und Dir natürlich auch eine gute Woche (mit etwas Abkühlung) sowie einen feinen Juli! Barbara

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      1. Na, dann werde ich mal sehen, ob ich das zeitlich bis Ende Juli noch gebacken bekomme. 🙂 Danke für das positive Bestärken! Herzliche Grüße!

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    1. Dankeschön, Bernd. Ja das Rot hat sich wohl farblich bei mir durch den heißen Juni und meine Bildauswahl gezogen. Mal sehen, welche Farben der Juli jetzt bringen wird. Herzliche Grüße und auch Dir einen schönen Juli! Barbara

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