Gartentheater in Leopoldskron

Salzburg im Sommer – das ist eine unwiderstehliche Kombination. Salzburg und die Festspiele ebenso und Salzburg und Kommissar Merana ist mittlerweile auch schon zu einer untrennbaren Einheit geworden, die aus der Regionalkrimiszene nicht mehr wegzudenken ist.

Der österreichische Autor Manfred Baumann (geboren 1956 in Hallein/Salzburg), arbeitete früher für den Österreichischen Rundfunk und schreibt seit 2010 nahezu jährlich einen neuen Fall für seinen Salzburger Ermittler, der meist genau rechtzeitig zur sommerlichen Festspielzeit erscheint. Mittlerweile sind wir bereits bei Band 11 angekommen und mit „Mörderwalzer“ hat er wieder einen Salzburg-Sommer-Krimi vorgelegt, der all jene Elemente enthält, die seine Fans schätzen.

Es ist Tradition, dass Baumann meist eine besondere Salzburger Sehenswürdigkeit oder einen speziellen Ort zum Schauplatz seiner Krimis macht und man bei der Lektüre auch stets einiges zur Stadtgeschichte erfährt.

Dieses Mal spielt der Band in Schloss Leopoldskron, das vor allem für den berühmten Theatermacher Max Reinhardt einen ganz besonderen Stellenwert hatte.

„Dass Max Reinhardt hier auf Leopoldskron immer wieder illustre Gäste empfangen hatte, davon hatte er gelesen. Darunter waren Schauspieler, Musiker, Künstler aller Art genauso zu finden wie Prominente der Wirtschaft, Politik und Society. Aber dass der Gründer der Salzburger Festspiele, der Regisseur des Jedermann auf dem Domplatz, sich hier in seinem Schlossgarten ein eigenes Theater errichten ließ, das war ihm neu.“

(S.72)

Einst 1736 vom Salzburger Fürsterzbischof Leopold Anton Freiherr von Firmian errichtet, wurde Schloss Leopoldskron in der Zeit von 1918 bis 1938 durch Max Reinhardt zu einem wahren kulturellen Zentrum. Stars und Sternchen und die Theatergrößen der Zeit, wie Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal gaben sich dort die Klinke in die Hand. Dass es dort auch ein Gartentheater gegeben hat, das wohl jedoch nur ein einziges Mal bespielt wurde, ist interessant.

Das Buch vermittelt einen guten Überblick und ersten Eindruck von Leopoldskron und seiner Geschichte, was es für mich um so lesenswerter macht.

Dass ich jetzt erst kurz zum eigentlichen Verbrechen bzw. Kriminalfall komme, ist vielleicht bezeichnend, denn diese stehen für mich bei der Lektüre meist nicht im Vordergrund:
Im Schlosspark wird die Leiche einer bekannten Fernsehjournalistin gefunden, die dort zu Dreharbeiten im Rahmen einer Kultur- und Fundraisingveranstaltung weilte. Sie genießt den Ruf einer toughen, erfolgreichen Investigativjournalistin, die oft unangenehme Wahrheiten ans Licht der Öffentlichkeit bringt und Skandale aufdeckt. Dass es da Personen gibt, die sie lieber mundtot und vielleicht sogar tatsächlich tot sehen wollen, ist nicht aus der Luft gegriffen. Kommissar Merana und seine Kollegen haben so einige Ermittlungsansätze, denen sie nachgehen können und die Gästeliste bzw. die Liste der Personen, die zum Zeitpunkt der Veranstaltung dort weilten, liegt bei 163 Personen. Sogar ein Streicherensemble mit Studenten des Salzburger Mozarteums ist darunter, das einen speziell für den Event komponierten Walzer zur Aufführung bringen wollte.

„Ich weiß gar nicht, ob wir schon einmal einen ähnlichen Fall hatten. Mir kommt es so vor, als steckten wir mitten in einem Agatha-Christie-Roman. Dort wird meist schnell klar: Es kann niemand von außen sein, der Mörder ist unter uns.“

(S.134)

Baumanns Krimis spielen meist in den gehobenen Kreisen der Gesellschaft und oft im Künstler-, Musiker- oder Theatermilieu, was ich persönlich sehr gerne lese. Da gibt es immer Bezüge zu den Festspielen, zu Opernaufführungen, Theaterstücken oder dem berühmten Jedermann auf dem Domplatz.

Dass er zudem auf unterhaltsame Weise Hintergrundinformationen und historische Fakten zu Salzburg und seinen Sehenswürdigkeiten einfließen lässt, die man sonst im Reiseführer nachlesen könnte, dient vielleicht nicht immer dem Vorantreiben der Krimihandlung, aber führt zumindest bei mir dazu, dass sich so manche Anekdote besser im Gedächtnis einprägt.

Baumanns Krimis liest man aufgrund des Salzburger Lokalkolorits, der kulturellen und geschichtlichen Querbezüge, der Genießermentalität und des Lebensgefühls der Hauptfigur – die Kriminalhandlung ist vielmehr würzende Zugabe und schmückendes Beiwerk. Wer sich atemlose Hochspannung, schlaflose Nächte und actiongeladene Kriminalfälle erwartet, ist bei anderen Autoren sicher besser aufgehoben.

Für einen Urlaub im Salzkammergut oder im schönen Salzburg sind Baumanns Krimis auf jeden Fall eine sehr gute Ergänzung fürs Reisegepäck und durchaus auch als Einzelfälle gut lesbar, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle sicher vorteilhaft ist, die Vorgeschichte zu kennen.

Für mich gehört die Reihe mittlerweile zum Sommer wie die Kaffeehäuser und die Nockerl zu Salzburg und ich möchte meine jährliche, literarische Reise in die zauberhafte Stadt an der Salzach nicht mehr missen.

„Auch die Salzburger Festspiele sind in einer Zeit der Krise entstanden. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg. Eine mutige Kulturinitiative von Menschen, die das Vertrauen aufbrachten, an das Gute zu glauben.“

(S.151)

Und weil es gerade so schön passt, möchte ich die Gelegenheit noch nutzen, zwei Fernseh- und Kulturtips loszuwerden:

In der ARTE-Mediathek gibt es noch bis zum 27. Oktober 2023 die diesjährige „Macbeth“-Inszenierung von den Salzburger Festspielen mit Asmik Grigorian als Lady Macbeth zu sehen. Giuseppe Verdis Oper in der Inszenierung von Krzysztof Warlikowski ist sicherlich sehenswert.

Wer lieber die komödiantische Seite Verdis sehen möchte, hat aktuell noch bis 18.09.23 in der 3sat-Mediathek die Möglichkeit, „Falstaff“ von den Salzburger Festspielen zu erleben – in einer Inszenierung von Christoph Marthaler mit Gerald Finley als Sir John Falstaff.

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Gmeiner Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Auf meine Meinung und Rezension des Buches hatte dies keinen Einfluss.

Beim Klick auf den Titel gibt es nähere Informationen zum Buch auf der Seite des Verlags.

Buchinformation:
Manfred Baumann, Mörderwalzer
Gmeiner Verlag
ISBN: 978-3-8392-0494-8

***

Wozu inspirierte bzw. woran erinnerte mich Manfred Baumanns „Mörderwalzer“:

Für den Gaumen:
Ein Merana-Krimi wäre kein Merana-Krimi, wenn es nicht kulinarische Anspielungen in Hülle und Fülle geben würde. Schließlich speist er dieses Mal nicht nur bei Sandro im Stammlokal, sondern auch noch anderweitig.

Daher gibt es unter anderem „(…) Radicchiosalat mit Oliven und Radieschenscheiben. Und vor allem mit Sardellen, mit ausgezeichnet schmeckenden acciughe.“ (S.26)

oder aber:

Couscous di pesce“ (S.170) und als „warme, schaumige Nachspeise (…) Zabaione“ (S.178)

Zum Weiterhören:
Kein Walzer, sondern die „Romanze für Bratsche und Orchester. Opus 845 in F-Dur“ von Max Bruch ist für mich DAS Stück dieses Romans. Musikstudentin Julia probt das Stück für ein großes Konzert.

Für einen Ausflug oder zum Weiterklicken:
Heute beherbergt das Schloss Leopoldskron ein edles Hotel, auch der prächtige Park wird gepflegt und wieder rekonstruiert. Auf der Homepage des Hotels findet man zahlreiche Fotos und kann sich auch über die Geschichte des Schlosses informieren.

Zum Weiterlesen:
Wer nochmal in die Fälle 9 und 10 reinschmökern möchte, der kann das gerne zunächst auch in meinen Blogbeiträgen zu Salzburgsündeund Salzburgrache tun:

Manfred Baumann, Salzburgsünde
Gmeiner Verlag
ISBN: 978-3-8392-0075-9

Manfred Baumann, Salzburgrache
Gmeiner Verlag
ISBN: 978-3-8392-0298-2

6 Kommentare zu „Gartentheater in Leopoldskron

    1. Na dann hat das ja genau gepasst. Das freut mich. Eine sehr schöne Ecke… aber vermutlich auch gerade sehr heiß dort während dieser Hitzewelle… vielleicht hat der See ja hoffentlich noch etwas Abkühlung gebracht. Herzliche Grüße, Barbara

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      1. Ja, der legendäre Salzburger Schnürlregen, der gehört auch dazu. Aber es freut mich, dass Du die Zeit dort genießen konntest und einen schönen Sommerutlaub dort verbracht hast. Zwölferhorn, Schafberg, Postalm – es gibt ja auch sehr schöne Wandermöglichkeiten mit tollen Ausblicken und der See liegt wirklich traumhaft.

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