Dezemberbowle 2023 – Weihnachtsnostalgie und Baumelzeit

Die vermeintlich „stade Zeit“ im Advent war dieses Jahr zwar alles andere als still, dafür aber reich gefüllt mit viel Musik und viel Kultur. Anfangs sehr viele schöne Erlebnisse, bevor zum Monats- und Jahresende hin dann Ruhe einkehrte und etwas Raum für „Baumelzeit“ (ein Wort, das ich auf Deutschlandfunk Kultur gelesen habe und das ich sehr mag) für die Seele war.

Neben der wunderbaren szenischen LesungFröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge in der Bühne am Schardthof, über die ich schon ausführlicher berichtet habe, waren es vor allem musikalische Höhepunkte im Dezember: Händels bekannte Barockoper „Xerxes“ (mit dem weltberühmten „Ombra mai fu“) und das schwung- und effektvolle Musical „Sweet Charity“ sowie die „magische“ Christmas Pantomime Hans und die Bohnenranke im Landestheater Niederbayern.

Und auch im Fernsehen gab es noch große Oper zu bestaunen, denn auf ORF konnte ich die neue „Turandot“ der Wiener Staatsoper mit einer erneut herausragenden Asmik Grigorian und Jonas Kaufmann in ihren Rollendebüts sehen.

Ansonsten darf in der Weihnachtszeit für meinen Geschmack auch gerne etwas Nostalgie zelebriert werden. Im Fernsehen gab es für mich daher zwei Premieren: „Der kleine Lord“ aus dem Jahr 1980 und die neue, opulente Agatha Christie-Verfilmung von „Tod auf dem Nil“ (mit Kenneth Branagh als Hercule Poirot) aus dem Jahr 2022.

Und wenn wir schon beim Thema Nostalgie sind: im Hörspiel-Pool des Bayerischen Rundfunks gibt es den einstigen Straßenfeger aus den späten Fünfzigern „Dickie Dick Dickens“ in zahlreichen Folgen zu erleben. Sehr amüsant!

Und auch eine spannende Kurzserie gab es noch zu sehen: sechs Folgen „Davos 1917“ – eine aufwändige Produktion mit tollen Bildern aus den verschneiten Alpen, guten Darstellern und einem spannenden historischen Spionage-Plot (in der ARD Mediathek noch bis zum 20.06.2024 verfügbar).

Und dank Weihnachtsurlaub und „Baumelzeit“ ist auch einiges an Lektüren zusammengekommen, so dass ich mich auch dieses Mal wieder etwas kürzer fassen werde, um Eure Lesegeduld nicht zu sehr zu strapazieren.

Den Auftakt bildete ein Regionalkrimi aus Leipzig von Monique Scharmacher Tödliches Allerlei und dann gab mir meine Lesekreislektüre die Gelegenheit, mich mit einem echten Klassiker zu beschäftigen, der zudem schon lange in meinem Regal stand: Heinrich Böll „Billard um halbzehn“.

Den Winter, der uns Anfang Dezember mit einer wahrlich historischen Schneemenge in kürzester Zeit einholte, im Titel trägt folgendes Trio, das jedoch unterschiedlicher kaum sein könnte.

Während Sanne Jellings mit „Ein dänischer Winter“ einen kleinen verträumt-romantischen Band rund um die Autorin Karen Blixen und ihren dänischen Heimatort Rungstedlund verfasst hat, der perfekt in die Vorweihnachtszeit passt, hat die britische Autorin Ali Smith mit „Winter“ in ihrem zweiten Band des Jahreszeiten-Quartetts hingegen einen kritischen Roman über Gesellschaft, Kunst und Politik geschrieben.
Und James Kestrels „Fünf Winter“ steht auch meiner Meinung nach vollkommen zu Recht auf der Krimibestenliste des Jahres 2023 – ein Buch, das ich regelrecht verschlungen habe und das ich gerne voller Überzeugung weiterempfehle. Großartige Besprechungen zu diesem grandiosen Kriminalroman finden sich unter anderem beim Kaffeehaussitzer und auf Zeichen&Zeiten.

Mich ein wenig verzaubern lassen, wollte ich mich mit Katherine Mays „Der Zauber der Welt“, das mich jedoch letztlich nicht in gleichem Maße erreichte bzw. begeistern konnte wie ihr tolles Buch „Überwintern“, das ich persönlich deutlich eindrucksvoller und stärker fand und auch bereits hier auf der Bowle vorgestellt habe.

Und auch bei Thomas Hettches neuem Roman „Sinkende Sterne“ wurden meine subjektiven, wohl zu hohen Erwartungen leider nicht erfüllt – auch da hatte ich mir im Vorfeld etwas Anderes darunter vorgestellt und fremdelte dann bei der Lektüre stellenweise leider etwas.

Begeistert und schnell verschlungen habe ich hingegen die hochinteressanten und tiefgründigen Interviews von Giovanni di Lorenzo im neuen Band „Vom Leben und anderen Zumutungen“, das ein „Best of“ seiner – meist für die ZEIT – geführten Gespräche mit berühmten Persönlichkeiten darstellt. Einziger Kritikpunkt – das jedoch einem Jammern auf sehr hohem Niveau gleicht – könnte hier lediglich die vergleichsweise geringe Frauenquote der gewählten Gesprächspartner sein.

Natürlich durfte aber auch Weihnachtslektüre nicht fehlen:
Mit Selma Lagerlöfs „Ein Weihnachtsgast als einem wahren Klassiker, dem nostalgischen Weihnachtskrimi der britischen Autorin Nicola Upson „Mit dem Schnee kommt der Tod und einem weiteren Krimi von Dashiell Hammett aus dem Jahr 1934: „Der dünne Mann“, bei dem Weihnachten zwar den zeitlichen Rahmen bot, jedoch in der Krimihandlung keine große Rolle spielte.

Und die Zeit über die Feiertage bietet sich auch an, um sich mal an richtige Schmöker mit hoher Seitenzahl zu machen. In meinem Fall waren das dieses Jahr Robert Galbraiths „Das tiefschwarze Herz“, das mich durch die vielen Chat-Einschübe beim Lesen deutlich mehr gefordert hat als die Vorgänger-Bände der Cormoran Strike-Reihe. Zudem noch Steven Price’ opulenter Detektiv- und Gangsterroman „Die Frau in der Themse“, der im nebligen London des 19. Jahrhunderts spielt – sehr atmosphärisch und lesenswert.

Und weil der Winter bei mir auch immer verstärkt die Lust auf skandinavische Krimis weckt, gab es mit Marianne Cedervalls „Schwedische Schwestern“ und dem neuen Serien-Auftakt der dänischen Bestseller-Autorin Katrine Engberg „Glutspur“ auch noch spannendes, nordisches Krimifutter.

Was bringt der Januar?

Traditionell beginnt das neue Jahr für mich auch mit der ARTE-Übertragung des „Neujahrskonzerts aus dem Teatro La Fenice“ in Venedig um 18.15 Uhr am 1. Januar – 2024 mit Eleonora Buratto und Fabio Sartori als Gesangsolisten unter der musikalischen Leitung von Fabio Luisi.

Oper steht auch in meinem Heimattheater im Januar auf dem Programm mit Gaetano Donizettis Opera buffa „Der Liebestrank“.

Für den Blog steht traditionell die Neujahrsbowle mit Rück- und Ausblick als erster Beitrag im neuen Jahr an und ich möchte auf jeden Fall im Januar noch ein paar Beiträge für meine „23 für 2023“ schreiben bzw. nachliefern, um das Jahresprojekt zu einem guten Abschluss zu bringen. Die Bücher sind alle rechtzeitig in 2023 gelesen und die noch offenen Besprechungen werden (hoffentlich) zeitnah folgen.

Und auch im neuen Jahr wird selbstverständlich wieder viel gelesen werden, denn auf meinen Stapeln liegen verheißungsvolle Buchschätze bereit, die endlich, endlich entdeckt werden wollen. Vorfreude ist etwas Schönes!

Und natürlich möchte ich mir nicht nehmen lassen, allen Leserinnen und Lesern meiner Bowle einen schönen Silvester- oder Altjahresabend zu wünschen. Passt auf Euch auf und rutscht bitte gut und wohlbehalten in ein gesundes, gutes, glückliches und friedliches neues Jahr 2024!

Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.

Gaumen-Highlight Dezember:
Neben den weihnachtlichen Schlemmereien gab es – wie könnte es auch anders sein – Pasta! Denn Pasta muss sein. Und zwar mit Kartoffelcreme gefüllte Conchiglioni – nach diesem Rezept des NDR.

Musikalisches im Dezember:
Durch die Dickens-Weihnachtslesung, von der ich schon begeistert berichtet habe, bin ich auf Edward Elgars „Nimrod“ aus den „Enigma Variationen“ aufmerksam geworden – eine wunderbare Melodie…

Ein neues Buch, ein neues Jahr

Ein neues Buch, ein neues Jahr
Was werden die Tage bringen?!
Wird’s werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?

Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rücklässt einen leuchtenden Funken.
Und nicht vergeht, wie die Flamm‘ im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.

(Theodor Fontane)

18 Kommentare zu „Dezemberbowle 2023 – Weihnachtsnostalgie und Baumelzeit

  1. „Der kleine Lord“ gehört bei uns seit Jahren zur Weihnachtszeit. Unser Highlight war im November Mendelssohns Paulus im Greifswalder Dom. Es hat meinen Mann und mich unglaublich berührt. Im Anschluss habe Florian Illies Buch „Zauber der Stille“ über den gebürtigen Greifswalder Caspar David Friedrich gelesen. Es hat mir sehr gut gefallen. Vielen Dank, Barbara, für Deine Buchvorstellungen hier in Deinem Blog. Ich lese sie immer gern. Danke, auch für Dich einen angenehmen Jahreswechsel und alles Gute für 2024. Herzliche Grüße, Bettina 🍀

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    1. Dankeschön, liebe Bettina! Das mit dem Mendelssohn-Konzert kann ich mir sehr, sehr gut vorstellen. Livemusik in einem Kirchenraum ist etwas Wunderbares. „Zauber der Stille“ liegt hier auf dem Stapel bereits neben mir und gehört zu den erwähnten „verheißungsvollen“ Lektüren für das nächste Jahr – ich denke, es wird eines der ersten Bücher sein, die ich im neuen Jahr lesen möchte. „Der Mönch am Meer“ von Caspar David Friedrich gehört zu meinen absoluten Lieblingsbildern…
      Ich freue mich immer sehr, wenn Du hier auf meinem Blog vorbeischaust und -liest. Herzliche Grüße und komm gut und wohlbehalten rüber in ein gesundes, gutes und hoffentlich friedvolleres Jahr 2024! Barbara

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      1. Du machst immer noch neugieriger auf Florian Illies Buch und es rutscht somit nochmal weiter nach oben in meinem Neujahrsstapel. 🙂
        Danke, Bettina und hab heute einen feinen Silvestertag bzw. „Altjahresabend“! 🍀

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    1. Das freut mich. Ich habe bisher noch von niemandem gehört oder gelesen, dem die „Fünf Winter“ nicht gefallen hätten. Es ist wirklich spannend und berührend zugleich – ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen. Viel Freude beim Lesen und hoffentlich auf ein Wiederlesen im neuen Jahr! Ich freue mich immer sehr, wenn Du hier auf meiner Bowle vorbeischaust. Komm gut und wohlbehalten rüber ins neue Jahr! Gesundheit, Glück und hoffentlich auch ein friedlicheres neues Jahr 2024! Herzliche Grüße!

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  2. Die behagliche Kulturbowle mit allem, was das Herz begehrt! Ich wünsche dir nur alles erdenklich Gute für das neue Jahr, viele schöne Bücher, Opern, Theatervorstellungen, Treffen, Kaffeeklatsch, Kuchenstücke und anregende und auch entspannende und informative Lektüren. Danke für deinen Blog und dein sonniges Gemüt, das bis hier hinauf in den Norden erstrahlt. Guten Rutsch!!

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    1. Vielen lieben Dank Alexander für diese schöne Rückmeldung und die guten Wünsche zum Jahresende, die ich von Herzen zurückgeben möchte.
      Es freut mich und ich schätze es immer sehr, wenn Du hier bei meiner Bowle vorbeischaust, mitliest und kommentierst. Ich möchte auch weiterhin versuchen – bei allen schlechten Nachrichten um uns herum – hier auf dem Blog dem Schönen und den heiteren Aspekten einen Raum zu geben – auch wenn es manchmal nicht einfach ist, sich das „sonnige Gemüt“ zu bewahren. Dir wünsche ich von Herzen ein gesundes, gutes, glückliches und friedliches Jahr 2024 mit allem was dazu gehört und natürlich mit inspirierender, interessanter und bewegender Lektüre! Herzliche Grüße und komm gut rüber ins neue Jahr! Auf ein baldiges Wiederlesen auf unseren Blogs freut sich, Barbara

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  3. Danke für die vielen tollen Buch- und Musiktipps. Ich komme immer sehr gerne hier bei Dir vorbei. Wünsche Dir einen guten Rutsch und ein glückliches, gesundes 2024. Liebe Grüße, Sabine

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    1. Vielen lieben Dank, Sabine! Das kann ich nur von Herzen zurückgeben, auch ich schaue stets sehr gerne bei Deinem Blog vorbei. Ich wünsche Dir ebenfalls ein gesundes, gutes, glückliches und vor allem (hoffentlich) friedlicheres neues Jahr 2024! Kommt gut und wohlbehalten rüber ins Neue und bis bald auf unseren Blogs! Barbara

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  4. Vielen Dank für die reichhaltige Dezemberbowle, vor allem für die freundliche Erwähnung und Verlinkung. Ich habe mir weider ein paar Anregungen/Erinnerungen geholt. Wie beispielsweise Engberg, die ich vom Diogenes Verlag mit der Reihe um Kørner/Werner-Krimis schon kenne. Ich bin schon ein paar Mal um den neuen Band „Glutspur“ herumgeschlichen. Lagerlöfs „Wintergast“ habe ich in der Bahnhofsbuchhandlung entdeckt, ich musste es haben. Komm gut ins neue Jahr und alles Gute für 2024, das sicherlich für uns wieder einige literarische Schätze bereiten wird, wie mir schon der Blick in die Frühjahrsvorschauen verraten hat. Viele Grüße

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    1. Vielen lieben Dank, Constanze. Ja, ich bin mir sicher, dass 2024 wieder viel Schönes in der großen, weiten Welt der Bücher für uns bereithalten wird. Und ich bin mir auch sicher, dass ich mir wieder viele schöne Anregungen auf Deinen Zeichen&Zeiten holen werde, zumal wir erfreulicherweise oft ähnliche Leseinteressen und -vorlieben haben. 😉
      Die „Fünf Winter“ hätte ich ohnehin nicht besser besprechen können, daher habe ich sehr, sehr gerne Deinen Beitrag verlinkt, damit man sich einen Eindruck von diesem grandiosen Buch machen kann. Komm gesund und wohlbehalten ins neue Jahr und ich freue mich auf ein baldiges Wiederlesen auf unseren Blogs! Barbara

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  5. Liebe Barbara, vielen Dank für die guten Wünsche, die ich gern erwidere. Und vielen Dank für deine unterhaltsame Bowle mit vielfältigen Anregungen! Ich freue mich auf weitere Gläser! 😀🥂

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    1. Mille grazie, Anke! Buon Anno und ein gesundes, glückliches und friedvolles Jahr 2024! Ich freue mich, wenn wir uns gegenseitig auf unseren Blogs auch in diesem neuen Jahr wiederlesen… Salute und Prosit Neujahr! 🥂

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