Ein großes Ereignis wirft seinen Schatten voraus. Heute darf ich hier über ein ganz besonderes bevorstehendes Landshuter Kulturereignis des Jahres 2024 ausnahmsweise bereits vorab berichten, so hoffentlich Neugier wecken, Lust darauf machen und meine persönliche Vorfreude hier teilen. Das Theater Nikola startet ein ehrgeiziges und in jeder Hinsicht außergewöhnliches Großprojekt und bringt ab Mitte Mai 2024 an elf Terminen „Die Wanderhure“ – nach der erfolgreichen Romanvorlage von Iny Lorentz als Schauspielfassung von Gerold Theobalt – auf die Bühne im Landshuter Bernlochner-Saal.
Meine Heimatstadt Landshut ist eine Stadt, die mit dem Mittelalter vertraut ist wie kaum eine andere. Alle vier Jahre – wenn nicht gerade eine Pandemie dazwischen kommt – wird die „Landshuter Fürstenhochzeit 1475“ als größtes historisches Fest Europas mit mehr als 2000 Mitwirkenden aufgeführt und gefeiert. Letztes Jahr, d.h. 2023, war es wieder soweit – coronabedingt dieses Mal nach sechs Jahren Pause. Nachgespielt wird ein prunkvolles Fest – die Hochzeit eines reichen Landshuter Herzogssohns mit einer polnischen Königstochter – ich hatte schon ein paar Mal darüber berichtet. Es zeigt eine schöne, stimmungsvolle Seite des Mittelalters bzw. ein rauschendes Fest mit Musik, Tanz, noblen fürstlichen Gewändern, Ritterturnier, edlen Pferden und großer Pracht.
Thomas Ecker, den Regisseur der Landshuter „Wanderhure“ fasziniert bzw. reizt es daher, nun auch einmal die dunkle Seite des Mittelalters zu thematisieren und darzustellen. Wie er auf einer Pressekonferenz vor Probenbeginn erzählte, stand das Stück schon lange auf seiner persönlichen Wunschliste.
Doch wie Reinhart Hoffmann, der Vorsitzende des Theater Nikola, erklärte, warf wie bei so vielen Kulturschaffenden und Theaterveranstaltern auch hier die Corona-Pandemie erst einmal alle Pläne über den Haufen. War doch nach dem Riesenerfolg von „Das Boot“ 2019 – bei welchem alle 13 Aufführungen restlos ausverkauft waren – der ursprüngliche Plan, das Folgeprojekt „Die Wanderhure“ bereits 2020 auf die Bühne zu bringen. Doch dann vergingen die Jahre 2020, 2021 und 2022, die von der Gruppe pandemiebedingt mit wunderbaren kleineren Inszenierungen, sowie einer Hörspielproduktion überbrückt wurden. Und das Jahr 2023 stand dann eben im Zeichen der „Landshuter Hochzeit“, bei der viele Vereinsmitglieder als Komödianten und im Festspiel mitwirkten.
Doch jetzt 2024 ist es endlich soweit, das Abenteuer „Wanderhure“ kann beginnen und die vibrierende Vorfreude und die enorme Euphorie der Beteiligten war während der Pressekonferenz förmlich greifbar und wirkte regelrecht elektrisierend.
Sowohl Vorstand Reinhart Hoffmann als auch Regisseur Thomas Ecker machten bei der Projektvorstellung klar – und man konnte es am Leuchten in den Augen aller anwesenden Ensemblemitglieder und der Leidenschaft im Vortrag sehen und spüren – wie sehr sie und ihr gesamtes Team darauf brennen, jetzt endlich loszulegen. Man merkt es und glaubt ihnen, dass sie wortwörtlich „heiß wie Frittenfett“ und „on fire“ sind.
Es war ungeheuer spannend, bereits im Vorfeld der Aufführung Einblicke in die Grundidee der Inszenierung, Gedanken zu Bühnenbild und -ausstattung und die Besonderheiten der Produktion zu bekommen. Wie viele Menschen machen sich bei einem Theaterbesuch schon Gedanken, wie viel Arbeit, Mühe und Leidenschaft in der Vorbereitung einer Aufführung bzw. eines solchen Mammutprojektes stecken – und das im Falle des Theater Nikola alles ehrenamtlich, in der Freizeit und nebenbei bzw. parallel zu Berufsleben und Alltag.
Thomas Ecker hat als Regisseur in den letzten Jahren immer wieder Theaterprojekte an besonderen Orten in Landshut zur Aufführung gebracht: „Das Boot“ 2019 in der ehemaligen Maschinenfabrik Sommer, „Oliver Twist“ im letzten Jahr auf der Burg Trausnitz – jetzt also „Die Wanderhure“ in den Stadtsälen im Bernlocher.
Doch im Vorfeld wurden tatsächlich mehr als 20 potenzielle Spielstätten inklusive einem Flugzeughangar besichtigt, bevor nach diesem umfangreichen Location-Scouting letztlich die Entscheidung für den Saal im Bernlochner fiel.
Jetzt freut sich Ecker auf eine, wie er selbst sagt „Top-Besetzung“, die aus seiner Sicht keine Wünsche offen lässt und er ist sich sicher, dass die Euphorie das mehr als 40-köpfige Team auch durch die harte, akribische Probenarbeit tragen wird, für die er bekannt ist. Denn seine Proben sind (Zitat Ecker) „keine Wellnessproben“. Da wird nichts dem Zufall überlassen.
Als Vertretung der „Top-Besetzung“ berichtete auch die Hauptdarstellerin Sabine Hoffmann, welche in die Titelrolle der Wanderhure Marie schlüpfen wird, über ihre persönliche Sicht auf die Figur. Gerade die charakterliche Entwicklung während des Stücks vom braven Mädchen zur starken, eigenständigen Frau reizt sie besonders, weil diese darstellerische Wandlungsfähigkeit und unterschiedliche schauspielerische Facetten erfordert.
Sie geht mit Respekt – aber ohne Angst – in die Probenarbeit und ist froh darüber und sich sicher, dass sie auch in herausfordernden Szenen durch das Vertrauen zum Team des Theater Nikola, dem sie bereits seit 2012 angehört, getragen werden wird. Zur Vorbereitung hat sie diverse Bücher der Reihe gelesen, um sich in die Gedankenwelt der Marie einzufinden.
Für alle, die den Landshuter Bernlochner Saal nicht kennen: dieser besitzt eine umlaufende Galerie im ersten Stock, die im Stück ebenfalls bespielt werden wird.
Zudem wird es eine breite Bühne (im Stile der Salzburger Festspiele, d.h. deutlich breiter als tief) geben und auch die Bühnengestaltung bzw. das Bühnenbild sowie die -ausstattung wird etwas Besonderes werden, denn für sie konnte mit Bernhard Kühlewein ein bekannter Landshuter Künstler gewonnen werden. Er berichtete über seine Arbeit, die bereits begonnen hat – eine erste Acryl-Arbeit des Bühnenbildes war bereits zu sehen – und erläuterte, dass er neben mehreren bemalten Hockern, einen Tisch und vor allem auch eine überlebensgroße Figur, welche die volle Höhe des Raumes ausschöpfen soll, gestalten wird: sie wird das personifizierte Schicksal verkörpern, das mit einer Schere den Schicksalsfaden durchtrennt.
Als Überraschungsgäste war dann sogar das Autorenpaar Iny Klocke und Elmar Wohlrath alias Iny Lorentz höchstpersönlich zur Pressekonferenz angereist. Das eingespielte Team, das sich auch im Gespräch vertraut die Bälle zuspielte, erläuterte, wie ihre Romane entstehen, wie ihr Schreiballtag aussieht und erzählte von der Entstehungsgeschichte der Wanderhure und dem ungeheuren Erfolg, den dem Roman zunächst keiner zugetraut hatte.
Auch wenn sie selbst an der Bühnenfassung von Gerold Theobalt nicht mitgewirkt haben, betonten sie, welch große Freude sie stets daran haben, ihr Werk auf der Bühne zu sehen und live zu erleben. Seit der Premiere des Stücks 2014 bei den Festspielen Bad Hersfeld, konnten sie bereits mehrere unterschiedliche Inszenierungen besuchen. Doch „jede Aufführung ist anders“ (Zitat). Jede Inszenierung hat ihre eigene Faszination, ihren eigenen Zauber und so sind sie immer aufs Neue gespannt, was die Künstlerinnen und Künstler aus ihrem Stoff machen.
Auch zur Landshuter Produktion, welche zum ersten Mal die große Fassung „unter Dach“, d.h. nicht auf einer Freilichtbühne, zur Aufführung bringen wird, werden sie selbstverständlich als Zuschauer kommen.
So wird es 20 Jahre nach Erscheinen des Romans in 2004 und 10 Jahre nach der ersten Theateraufführung in Bad Hersfeld 2014, zum Jubiläum ebenfalls wieder eine besondere Premiere geben.
Um musikalisch bereits auf das Mittelalter einzustimmen, wurde die Veranstaltung durch einige Mitglieder von „Cantafollia“ – einer Musikgruppe der „Landshuter Hochzeit“ – umrahmt.
Ich bin mir sicher, dass das Theater Nikola und sein mehr als 40-köpfiges Ensemble – ergänzt und unterstützt von SchauspielerInnen der anderen Landshuter Theatergruppen (Konrad, Hofberg und MuT) – mit „Die Wanderhure“ wieder ein besonderes und ein großes Kapitel Landshuter Theatergeschichte schreiben wird.
Ein mutiges, gewaltiges Projekt, das nur in der Gemeinschaft und mit dem erforderlichen Teamgeist und viel zitierten „Spirit“ erfolgreich gestemmt werden kann und so bleibt mir erst Mal nur noch, den Theatermachern eine intensive, schöne, euphorische und unvergessliche Probenzeit zu wünschen und mich bis Mitte Mai der Vorfreude hinzugeben.
Denn wie wohl unschwer zu merken ist, war die Energie im Saal sowie die Euphorie und Vorfreude definitiv ansteckend und der Funke ist sofort übergesprungen. Ich freue mich riesig und bin gespannt auf die Aufführungen im Mai und Juni und habe mir selbstverständlich den Starttermin des Vorverkaufs am 30. März 2024 dick und rot in meinem Kalender markiert. Natürlich werde ich hier im Anschluss auch wieder über meinen Theaterbesuch berichten.
„Die Wanderhure“ feiert am 18. Mai 2024 Premiere und ist noch an weiteren zehn Terminen (19. / 20. / 23. / 24. / 25. / 26. / 30. und 31. Mai sowie am 1. und 2. Juni 2024) in den Stadtsälen Bernlochner in Landshut zu sehen. Weitere Informationen findet man auch jederzeit auf der Homepage des Theater Nikola e.V..
Pressekonferenz am 9. Januar 2024 in den Stadtsälen Bernlochner Landshut
(Falls jemand dies als Werbung ansehen sollte, ist diese unbezahlt und aus rein persönlicher Überzeugung erfolgt.)

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Zum Weiterlesen oder vorab lesen:
Die Wanderhuren-Reihe von Iny Lorentz umfasst mittlerweile stolze neun Bände. Bislang habe ich die legendäre und millionenfach verkaufte Romanvorlage zum Stück noch nicht gelesen, aber bis Mai ist ja noch ein wenig Zeit.
Iny Lorentz, Die Wanderhure
Knaur
ISBN: 978-3-426-62934-5
Vielen Dank für diese grandiose Ankündigung!
Wir tun unser Bestes, damit es eine unvergessliche Aufführung wird!
Theater Nikola Landshut
Reinhart Hoffmann
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Davon bin ich zu 100% überzeugt und ich bin mir sicher, dass es ein ganz besonderes, berührendes und intensives Theatererlebnis werden wird.
Herzliche Grüße!
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