Schon heute wissen wir, dass der Sommer 2024 erneut global der heißeste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn ist. Und der August war heiß, sehr heiß, so dass jede Abkühlung oder frische Seebrise mehr als willkommen war. Urlaubszeit, Wellenrauschen, Strandkorblektüre, Zeit für Muße und Schönes, frische Inspiration und Genuss.
Sei es großer Operngenuss in Bayreuth und die Ausstellung „Francisco de Goya und George Grosz – Traum und Wirklichkeit“ im Kunstmuseum Bayreuth (30. Juni – 13. Oktober 2024) oder die tolle Sonderausstellung in Caspar David Friedrichs Geburtsstadt Greifswald anlässlich seines 250. Geburtstages im Pommerschen Landesmuseum „Caspar David Friedrich. Sehnsuchtsorte“ (18. August – 06. Oktober 2024) – der August hat es sehr gut mit mir gemeint.
Nicht wirklich warm geworden bin ich persönlich hingegen mit der diesjährigen Neuinszenierung der Bregenzer Festspiele von „Der Freischütz“, die auf 3sat ausgestrahlt wurde (noch bis zum 30.09.24 in der 3sat Mediathek).
Im Fernsehen gab es für mich die Chance, einen weiteren Hitchcock-Klassiker von der „Sollte man gesehen haben“-Liste abzuhaken: „Berüchtigt“ mit Ingrid Bergman und Cary Grant aus dem Jahr 1946.
Und für alle, die den Sommer noch etwas verlängern wollen, kann ich – nachdem ich nun im August alle Folgen gesehen habe – die Serie „Die Durrells auf Korfu“ nur nochmals von ganzem Herzen empfehlen. In zauberhaften, lichtdurchfluteten, mediterranen Bildern wird mit Herz und viel Witz die Geschichte von Louise Durrell und ihren vier Kindern erzählt, die in den 30er Jahren von England auf die griechische Insel Korfu ausgewandert sind. Aktuell gibt es alle vier Staffeln mit 26 Folgen noch bis zum 20. September 2024 abrufbar in der ARTE Mediathek.
Und der Urlaubsmonat August bescherte mir auch viel Zeit bzw. Muße zum Lesen und somit ist wieder so einiges zusammengekommen – keine Angst ich versuche, mich hier im Rückblick kurz zu fassen:
Der August war ein Hitzemonat, daher passte Laura Freudenthalers „Arson“, in welchem es um den Klimawandel, Hitze, Brände, Schlaflosigkeit und die schrecklichen Folgen der Klimakrise geht, erschreckend gut in die Zeit.
Eine ausführliche Besprechung gibt es unter anderem bei Poesierausch.
Der Debütroman „Bei aller Liebe“ der 82-jährigen Britin Jane Campbell hat für mich einmal mehr bewiesen, dass gute Literatur keine Altersgrenze kennt, denn der Roman über ein spannendes Geflecht von Familiengeheimnissen im englischen Psychoanalytikermilieu hat sich wirklich schnell und gut gelesen.
Seit langem habe ich mir auch wieder einmal die Freiheit genommen, ein Kinder- bzw. Jugendbuch zu lesen – auch dafür wird man in meinen Augen nie zu alt. Denn mich hat sehr interessiert, wie Ali Standish in „Baskerville Hall – Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente“ den jungen Arthur Conan Doyle in ein sehr spezielles Internat schickt, wo er gemeinsam mit seinen MitschülerInnen so manches Abenteuer zu bestehen hat, das ihn später zu seinen Detektivgeschichten inspiriert haben könnte. Vielleicht noch ein Geheimtipp für Fans von Sherlock Holmes und fantasievoller Internatsromane.
Herzerfrischend und grandios zu lesen war auch der neue Roman von Alina Bronsky „Pi mal Daumen“ – die 53-jährige Moni und der hochbegabte 16-jährige Oscar, die gemeinsam ihr Mathematikstudium und das Leben meistern, sind wirklich ein literarisches Dreamteam, das man so schnell nicht mehr vergisst.
Der vor kurzem verliehene Booker Prize erinnerte mich nochmal daran, dass ich ja schon seit längerem Jenny Erpenbecks „Kairos“ lesen wollte – eine interessante, eindringliche und auch schmerzhafte Lektüre, über die ich wohl – angesichts des medialen Interesses in der letzten Zeit – nicht mehr viele Worte verlieren muss.
Ausführliche Besprechungen gibt es unter anderem bei Denkzeiten und Kommunikatives Lesen.
Eine spannende Biografie mit sehr aktuellen Bezügen hat Christine Eichel mit „CLARA“ verfasst, in welcher sie Clara Schumanns Lebensgeschichte in Kontext zur heutigen Sicht auf die Stellung der Frau in der Gesellschaft und zur Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt.
Es ist kein Geheimnis, dass ich eine große Schwäche für Theaterkrimis habe und so war Hartmut Höhnes neuer Band „Mord am Thalia“, der seine Reihe historischer Krimis aus dem Hamburg der Zwanziger Jahre um Kommissar Jakob Mordenden fortsetzt, natürlich ein sehr willkommenes Must-Read für mich.
Wer mehr über die Frauen der preußischen Hohenzollern-Regenten und die schönen Schlösser in Berlin und Brandenburg erfahren möchte, dem kann ich Christine von Brühls Buch „Anmut im märkischen Sand: Die Frauen der Hohenzollern“ nur von Herzen empfehlen. Jeder Frau ordnet sie jeweils ein Bauwerk zu, das für diese eine besondere Bedeutung hatte, und schildert so nicht nur die Lebensgeschichten der Ehefrauen der Regenten, sondern auch die Historie und Besonderheiten der Gebäude. Aufschluss- und lehrreich und dabei sehr kurzweilig und interessant – sowohl gut am Stück zu lesen als auch als Nachschlagewerk geeignet.
Es ist wunderbar, sich im Vorfeld die passende Urlaubslektüre auszusuchen – in diesem Fall war sie bei mir ganz klar maritim angehaucht bzw. stand im Zeichen des Wassers:

Eine ideale Strandkorblektüre für Meeres- und LiteraturliebhaberInnen ist Volker Weidermanns Buch „Mann vom Meer“, das er der lebenslangen Liebe Thomas Manns zum Meer gewidmet hat und in welchem er anhand zahlreicher Zitate und Textstellen aus Manns Werken eindrucksvoll verdeutlicht, welch große Rolle es stets in seinem Leben und Schaffen spielte.
Auch wenn es auf der beliebten Urlaubsinsel Rügen spielt, ist Caroline Wahls Roman „Windstärke 17“ aufgrund der traurigen und schwermütigen Thematik keine klassische Urlaubslektüre, welche gute Laune versprüht oder die Stimmung hebt, sondern vielmehr ein wütender, literarischer Schrei gegen die Ungerechtigkeiten des Lebens und die Schicksalsschläge, mit welchen die Hauptfigur Ida klarkommen muss.
Um vieles leichtfüßiger und verspielter kommt da sicherlich Anna Katharina Fröhlichs Sommernovelle „Die Yacht“ daher, die sich geradezu in einem Rutsch – um nicht Rausch zu sagen – lesen und genießen lässt. Verträumt, schwebend, sinnlich und ästhetisch – ein Sommer(nachts)traum, in dem die Hauptfigur Martha bezeichnenderweise Oberon mit Nachnamen heißt.
Ausführliche Besprechungen gibt es wiederum bei Denkzeiten und Kommunikatives Lesen.
„Zu dieser Stunde, wenn der Himmel die Farben einer Kirschblüte durchlief, lag über der Bucht das kalte Licht des frühen Morgens. Die Pinienstämme schienen schwarz, doch wenn die Sonne aufstieg, leuchteten die Bäume grün, funkelten mit einem Schlag die Wellenkämme und durchstrahlte der Schein das Wasser bis auf den sandigen Grund.“
(aus Anna Katharina Fröhlich „Die Yacht“, S. 75)
Eine wunderbar entspannte und entschleunigende Strandlektüre ist auch R.C. Sherriffs Roman „Zwei Wochen am Meer“ (aus dem Jahr 1931 – mit dem Originaltitel „A Fortnight in September“), in welchem er den traditionellen Sommerurlaub einer britischen Familie an der englische Südküste beschreibt. Die Kinder sind mittlerweile groß geworden, die Stammpension und die Inhaberin der selben etwas in die Jahre gekommen und jedes Familienmitglied macht sich während der zwei Urlaubswochen seine eigenen Gedanken. Eine unaufgeregte, etwas melancholische und feinsinnige Lektüre, die ich wirklich gerne gelesen habe.
Für Spannung war jedoch auch gesorgt mit Susanne Tägders großartigem Kriminalroman „Das Schweigen des Wassers“, der klug konstruiert und fesselnd erzählt ist, so dass ich ihn kaum noch aus der Hand legen konnte. Mecklenburg-Vorpommern, ein Toter im See und ein Kommissar, der nach vielen Jahren in Hamburg wieder zurück in seine ehemalige Heimatstadt kommt und den die Ermittlungen in diesem Fall auch in seine eigene Vergangenheit zurückkatapultieren.
Eine ausführliche Besprechung zum Buch gibt es bei Zeichen&Zeiten.
Kulinarische, gut verdauliche Krimikost tischte mir Ingrid Noll mit ihrem neuen Roman „Gruß aus der Küche“ auf, der hinter den Kulissen eines Restaurants bzw. in Küche und Gaststube spielt und in dem schnell klar wird, dass sich Köchin, Restaurantmanager, die Küchenhilfe, sowie die junge Praktikantin und der Gemüsemann im Rentenalter trotz vegetarischer Kost alles andere als grün sind.
Und um nochmal zwei Themen zu vertiefen – und zwar die Manns und Caspar David Friedrich:
Annette Seemann hat mit „Die Töchter des Zauberers“ nun speziell den Töchtern Erika, Monika und Elisabeth Mann ein eigenes Buch gewidmet und ihre Lebensgeschichten literarisch herausgearbeitet.
Und nach dem Betrachten des „Kreidefelsen auf Rügen“, der gerade in Greifswald zu sehen ist (und normalerweise in Winterthur hängt), war der schön gestaltete Band aus der Insel-Bücherei von Kia Vahland „Caspar David Friedrich und der weite Horizont“ natürlich eine wunderbare Ergänzung.
Was bringt der September?
In Frankreich wird die Zeit von Ende August bis ca. Mitte September auch „Rentrée“ genannt, wenn nach den „Grandes Vacances“ nicht nur die Schule beginnt, sondern auch das gesellschaftliche und kulturelle Leben wieder zurückkehrt. Und genau darauf freue ich mich, die Theaterspielzeit beginnt und das Gefühl eines gewissen Neubeginns herrscht vor, bei dem man erholt und mit frisch gesammelten Kräften und Inspirationen versucht, etwas vom Urlaubsgefühl so lange wie möglich in den wieder einkehrenden Alltag mitzunehmen.
Auf ARTE wird ein Film zu sehen sein, bei dem ich es leider nicht ins Kino geschafft hatte, aber auf den ich sehr gespannt bin: „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ (ARTE Mediathek bis zum 6. Oktober 2024), der in Ost-Berlin 1989 kurz vor dem Fall der Mauer spielt.
Und traditionell freue ich mich sehr auf die „BBC Last night of the Proms“ , die dieses Jahr in voller Länge am 14. September um 20.15 Uhr auf 3sat ausgestrahlt wird. Solisten sind dieses Jahr die Sopranistin Angel Blue und der Pianist Sir Steven Hough – das Programm klingt vielversprechend und der letzte, traditionelle Teil ist ohnehin Kult.
Die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2024 ist seit dem 20. August veröffentlicht und ein paar nominierte Bücher liegen bereits hier bei mir zur Lektüre bereit. Ich bin gespannt, ob ich mit meiner (bisherigen) Auswahl einen Treffer in der Shortlist lande, die am 17. September bekannt gegeben wird.
Zudem freue ich mich auf einen Theaterausflug nach Österreich und einen hoffentlich schönen Altweibersommer oder Frühherbst mit Spaziergängen bei angenehmeren Temperaturen, leuchtenden Farben und warmem Licht.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine angenehme Rentrée bzw. einen guten Start in den Herbst. Macht es Euch fein, bleibt oder werdet gesund und habt eine gute Zeit bzw. einen schönen September!
Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.

Gaumen-Highlight August:
Im August hat mich Axel Hacke in seinem monatlichen Newsletter (den ich übrigens wärmstens empfehlen und der hier auf seiner Homepage abonniert werden kann) mit seinem Schwärmen für Nudelsalat voll erwischt. Und er hat recht: Sommer und Nudelsalat passen einfach perfekt zusammen – sein Rezept wurde natürlich sofort nachgekocht.
Musikalisches im August:
Seit einem Theaterbesuch im wunderschönen historischen Theater Putbus habe ich einen Ohrwurm: „Premierenfieber“ bzw. „Another Op’nin‘, Another Show“ aus Cole Porters Musical „Kiss me, Kate“. Zudem passt es wunderbar zur Vorfreude auf die neue Theatersaison…
„(…) The overture is about to start
You cross your fingers and hold your heart
It’s curtain time and away we go
Another op’nin‘, another show (…)“(Auszug aus Cole Porter „Kiss me, Kate“ / „Another Op’nin‘, Another Show“)















Reisegedanken
Eins, zwei, drei, im Sauseschritt
läuft die Zeit, wir laufen mit.
Schaffen, schuften, werden älter,
träger, müder und auch kälter,
bis auf einmal man erkennt,
dass das Leben geht zu End’.Viel zu spät begreifen viele
die versäumten Lebensziele,
Freude, Schönheit der Natur,
Gesundheit, Reisen und Kultur.
Darum, Mensch, sei zeitig weise!
höchste Zeit ist’s! Reise, reise!(Wilhelm Busch, 1832 – 1908)
Die Durrells auf Korfu habe ich auch sehr sehr gerne gesehen und für die Reise dorthin liegt bereits Gerald Durrells „Meine Familie und anderes Getier“ bereit, habe ich kürzlich im Bücherschrank gefunden 🙂 Jetzt wo ich die Serie beendet habe, vermisse ich die Durrells allerdings sehr – sie sind mir doch sehr ans Herz gewachsen.
„Zwei Wochen am Meer“ habe ich auch sehr gerne gelesen, das war eines meiner Highlights in diesem Jahr.
Kairos lesen wir demnächst gemeinsam im Bookclub – bin schon sehr gespannt darauf. Selten ein Buch erlebt, bei in UK fast alle einhellig begeistert sind und das in Deutschland auch ganz schön viel Kritik erlebt. Spannend.
Wünsche Dir ebenfalls eine wunderbare Rentrée – liebe Grüße, Sabine
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Danke, Sabine. Ich bin mir ziemlich sicher, dass „Kairos“ kontrovers diskutiert werden wird. Aber gerade dann sind die Treffen von Book Clubs oder Lesekreisen ja besonders reizvoll.
Und wow, das scheint ein gut sortierter bzw. interessanter Bücherschrank zu sein… da könnte man glatt neidisch werden. 😉
Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag und einen wunderbaren September! Herzliche Grüße! Barbara
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Vielen Dank für die freundliche Erwähnung meines neuen Jakob-Mortensen-Krimis „Mord im Thalia“. Das freut mich.
Liebe Grüße
Harmut Höhne
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Sehr gerne. Die ausführliche Besprechung auf dem Blog folgt in Kürze…. 🙂
Herzliche Sonntagsgrüße, einen schönen September und viel Erfolg mit dem neuen Mortensen-Buch!
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Ich habe „Das Schweigen des Wassers“ auch sehr gern gelesen, ich hoffe ja, dass da noch ein weiterer Teil kommt. Jedenfalls freue ich mich auf den Herbst, dass die Hitze endlich weicht. Eine gute Zeit und viele Grüße
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„Das Schweigen des Wasser“ war wirklich ein ausnehmend guter Krimi, der mich total gepackt hat. Ich hoffe auch, dass die Autorin weiterschreibt, ob nun als Fortsetzung oder als eigenständiger Band, ich würde mich auf alles von ihr freuen. Und ja ich freue mich jetzt auch auf etwas gemäßigtere Temperaturen und einen schönen Herbst. Dir auch ganz herzliche Grüße und bis bald auf Deinem oder meinem Blog! Barbara
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Liebe Constanze, ich bin jetzt endlich dazu gekommen, Deinen Beitrag auch noch hier zu verlinken. Da ich es – obwohl es dieser Krimi echt verdient hätte – vermutlich nicht mehr schaffen werde, einen eigenen Beitrag zu diesem großartigen Buch zu schreiben, sehe ich es als Bereicherung für alle Mitlesenden, wenn Sie bei Dir mehr erfahren können. Danke nochmal und herzliche Grüße! Barbara
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Liebe Barbara, vielen Dank für Deine Worte und die Verlinkung. Vielleicht kommt ja bald ein zweiter Fall. Eine schöne Woche für Dich. Viele Grüße
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Gern geschehen, Constanze. Bei einem zweiten Fall bin ich definitiv wieder mit dabei. Dir wünsche ich auch eine gute Woche und sende herzliche Grüße! Barbara
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