Weihnachtsbowle 2024

Advent bedeutet Ankunft – und schon sind wir auch wieder am Ende der Adventszeit angekommen und das Kalenderjahr neigt sich ebenfalls dem Ende zu. Daher ist es mir jetzt natürlich auch ein Bedürfnis, mich bei allen zu bedanken, die hier regelmäßig oder ab und zu auf meiner Kulturbowle vorbeigeschaut und mich durch dieses Jahr begleitet haben. Ich wünsche allen von Herzen frohe Weihnachten und schöne Feiertage, in welchen hoffentlich vor allem auch Zeit für die Menschen und die Dinge bleibt, die Euch wichtig sind und am Herzen liegen!

Es ist mittlerweile schon zur liebgewonnenen Tradition geworden, dass ich an dieser Stelle auch noch so manchen Buch- und den einen oder anderen Kulturtipp für die Weihnachtszeit geben möchte. Wenn ich auf diese Weise vielleicht etwas inspirieren und Anregungen für die Zeit an den Festtagen und zwischen den Jahren geben kann, ist es mir eine Freude.

Alle Jahre wieder gibt es liebevoll gestaltete und illustrierte (in diesem Fall von Irmela Schautz) Weihnachtsbücher aus der Insel-Bücherei zu entdecken: Meine Wahl fiel dieses Jahr auf ein Werk aus dem Jahr 1870 vom britischen Autor Anthony Trollope: „Weihnachten in Kirkby Cottage“.

„Da wird haufenweise Rindfleisch gebraten und haufenweise Plumpudding gekocht, und die Leute versuchen fidel zu sein, indem sie mehr essen als gewöhnlich. Die Folge ist, dass sie todmüde werden und eine Stunde früher als üblich zu Bett gehen wollen. Das ist Weihnachten.“

(S.7)

Wer sich also literarisch in vornehme englische Kreise begeben, bei den Weihnachtsfeierlichkeiten mit Rindfleisch und Plumpudding im Pfarrhaus Mäuschen spielen möchte und ganz nebenbei noch Zeuge einer zart sprießenden Liebesgeschichte sein möchte, ist bei Anthony Trollope (1815 – 1888), der selbst Sohn einer Pfarrerstochter war, gut aufgehoben.

„Der Pfarrer, der in Familienangelegenheiten meistens seinen Willen durchsetzte, verlieh seiner Meinung Ausdruck, wenn sie sich davon leiten ließen, was andere Leute zu sagen geruhten, wäre ihr Handlungsspielraum wirklich arg begrenzt. Was sein Mädchen anbelange, so glaube er nicht, dass sie ihr Herz jemals einem Mann schenken werde, bevor sie darum gebeten worden sei (…)“

(S.11)

Eine kurzweilige und unterhaltsame Weihnachtsgeschichte aus dem viktorianischen England, die sich mit gerade einmal knapp 80 Seiten und schönen Illustrationen genussvoll hervorragend auch am Weihnachtstag einfach mal so wegschmökern lässt – ganz unabhängig vom Wetter vor der Haustür:

„Es ist ein garstiges Wetter, nicht wahr?, sagte Maurice.
„Das plagt Sie? Ich mag eigentlich ein bisschen Schnee am Weihnachtstag. Es sieht so schön altmodisch aus. Und viel ist es ja nicht, da bleibt nicht mal ein altes Weib daheim.“

(S.54)

Was jedoch wäre die Weihnachtszeit ohne Musik und insbesondere ohne das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. In diesem Jahr gibt es in der ARD Mediathek (noch bis zum 18.03.2025) einen liebe- und stimmungsvollen Film über die Entstehung des Werks zu sehen: „Bach – Ein Weihnachtswunder“ mit Devid Striesow in der Hauptrolle.

Und auch die Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck – unter anderem mit dem zauberhaften Abendsegen – gehört für viele zur Weihnachtszeit. In der 3sat Mediathek gibt es (bis zum 20.03.2025) die aktuelle Inszenierung aus der Volksoper Wien zu sehen.

Vielleicht hat der eine oder die andere aber auch Zeit und Lust, sich in Lyrik zu vertiefen oder ein paar feine Weihnachts- und Wintergedichte zu genießen:

Ich habe dieses Jahr mein Herz für das Rilke- bzw. die Poesie-Projekte von Schönherz & Fleer entdeckt und auch die Weihnachts-Edition „Rilke Projekt – Wunderweiße Nächte“ kann ich sehr empfehlen.
Besonders schön finde ich auf der CD unter anderem die Interpretation von Julia Koschitz des folgenden Gedichts von Rainer Maria Rilke:

Weihnachten ist der stillste Tag im Jahr,
da hörst Du alle Herzen gehn und schlagen
wie Uhren, welche Abendstunden sagen:
Weihnachten ist der stillste Tag im Jahr,
da werden alle Kinderaugen groß,
als ob die Dinge wüchsen die sie schauen,
und mütterlicher werden alle Frauen
und alle Kinderaugen werden groß.

Da musst du draußen gehn im weiten Land
willst du die Weihnacht sehn, die unversehrte
als ob dein Sinn der Städte nie begehrte,
so musst du draußen gehn im weiten Land.
Dort dämmern große Himmel über dir
die auf entfernten weißen Wäldern ruhen,
die Wege wachsen unter deinen Schuhen
und große Himmel dämmern über dir.

Und in den großen Himmeln steht ein Stern
ganz aufgeblüht zu selten großer Helle,
die Fernen nähern sich wie eine Welle
und in den großen Himmeln steht ein Stern.

(Rainer Maria Rilke)

In diesem Sinne wünsche ich allen von Herzen:
Stille, ruhige, frohe und friedvolle Weihnachten!
Genießt die Feiertage (egal bei welchem Wetter), bleibt oder werdet gesund und nehmt Euch Zeit für Gemeinschaft, gutes Essen, schöne Musik, kulturelle Erlebnisse und für gute Bücher!

Buchinformation:
Anthony Trollope, Weihnachten in Kirkby Cottage
Aus dem Englischen von Andrea Ott
Mit Illustrationen von Irmela Schautz
Insel-Bücherei Nr. 1542
ISBN: 978-3-458-19542-9