Novemberbowle 2023 – Aufhellung und Brückenschläge

Spät, sehr spät kommt sie dieses Mal die Monatsbowle, aber hier ist sie doch.
Im oft als dunkel gefürchteten Monat November gilt es, innezuhalten, zu gedenken, aber sich auch aufhellende Momente zu schaffen, bewusst das Schöne zu sehen und wahrzunehmen.
Ich durfte in diesem Monat all diesen Aspekten Raum geben und so auch viel Licht ins vermeintliche November-Dunkel lassen.

Eine klare und eindringliche Fernsehempfehlung in diesem Monat war die ZDF-Dokumentation „Ich bin! Margot Friedländer“, die noch bis zum 02.11.2028 in der ZDF-Mediathek kostenfrei verfügbar ist. Ein so wichtiges Zeitzeugnis – gerade auch im Licht der aktuellen Ereignisse.

Schön auch, dass Loriot, der am 12. November diesen Jahres seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, viel Medienpräsenz erhielt und ausführlich gewürdigt wurde – unter anderem mit der Fernsehsendung „Loriot 100“, die noch bis zum 06.02.2024 in der ARD-Mediathek abrufbar ist.

Und auch eine Podcast-Folge der ZEIT sei noch erwähnt, denn diesen Monat war der von mir sehr geschätzte Sänger Max Raabe dort zu Gast. Das habe ich gerne gehört.

Lektüretechnisch gab es diesen Monat – wie auch schon in den letzten Monaten – nochmal einen Venedig-Schwerpunkt, über den ich demnächst hoffentlich bei gegebener Zeit noch mehr berichten kann und möchte.
Kulinarisch schwelgerisch und opulent ging es zu in Vincent Klinks „Ein Bauch spaziert durch Venedig“ – der persönliche, genussreiche Blick des Spitzenkochs auf die Serenissima.
Sehr empfehlenswert für jede*n, der wirklich mehr über Venedig wissen und vor allem auch mehr geschichtlichen Hintergrund haben möchte, ist Peter Ackroyds Schmöker „Venedig: Biographie einer einzigartigen Stadt“.
Besonders fasziniert und gefesselt hat mich Melania Mazzuccos historischer Roman „Tintorettos Engel“, der nicht nur die Lebensgeschichte des berühmten venezianischen Malers, sondern auch die seiner unehelichen Tochter und Künstlerin Marietta Robusti („La Tintoretta“) erzählt.
Und auch ein Venedig-Krimi durfte nicht fehlen, in diesem Fall kein Brunetti, sondern der dritte Fall von Commissario Morello: Wolfgang Schorlau & Claudio Caiolo „Falsche Freunde“, der den Ausverkauf Venedigs thematisiert und ein schreckliches Szenario eines Venedigs für Superreiche entwirft.

Nachhaltig beeindruckt hat mich auch der historische Roman der besonderen Art der britischen Autorin Zadie Smith „Betrug“. Vielschichtig und mit vielen Parallelen zur heutigen Zeit hat sie mit ihrer sympathischen Hauptfigur Eliza im Zentrum und den auf einer wahren Begebenheit basierenden Schilderungen des Tichborne-Prozesses im London des 19. Jahrhunderts sowie der Literaturszene der damaligen Zeit ein wirklich grandioses Buch verfasst – ein Schmöker im besten Sinne.

Auf meiner „23 für 2023“-Liste sind noch einige Punkte offen: so zum Beispiel Bücher mit Dresden und Berlin als Schauplatz. Gelesen habe ich diese schon einmal, der Blogbeitrag soll folgen und ist fest geplant und zwar zu Michael Görings Roman Dresden und dem Berlin-Roman des diesjährigen Georg-Büchner-Preisträgers Lutz Seiler „Stern 111.

Für etwas Krimiunterhaltung zwischendurch sorgte im klassisch-britischen Stil Tom Hindle mit „Der Tod reist mit“ – Mordermittlungen auf einem Kreuzfahrtschiff im Jahre 1924… kein Wunder wenn da Gedanken an Agatha Christie aufkommen.

Für etwas Leichtigkeit und Aufhellung sorgte auch die kurzweilige, unterhaltsame und informative Lektüre von Elke Heidenreichs „Hier geht’s lang“, in welchem sie ihre persönliche Lesebiografie mit dem Schwerpunkt auf Büchern weiblicher Autorinnen erzählt.

Besonders berührt und angesprochen hat mich diesen Monat vor allem Gabriele von Arnims „Der Trost der Schönheit. Ich hoffe sehr, dass ich die Zeit finde, dieses zauberhafte Buch mit vielen klugen Gedanken und Denkanstößen auch nochmal ausführlicher auf dem Blog vorzustellen. Bis dahin soll das Zitat am Ende des Beitrags schon einmal Lust auf mehr machen.
Und auch hier sei noch eine Podcast-Empfehlung zum Nachhören hinzugefügt:
Gabriele von Arnim war ebenfalls bereits zu Gast beim ZEIT-Podcast Und was machst Du am Wochenende? – sehr sympathisch, sehr hörenswert.

Es gibt so einige Leselücken, die ich gerne noch schließen möchte. Eine davon war bis dato Ingeborg Bachmanns „Malina. Aber jetzt habe ich mich herangewagt: definitiv keine leichte Kost, aber da auch beim Lesen so manches im Nebel bleibt, in meinen Augen eine ganz passende Lektüre für den November.

Und um mich schon ein wenig auf die Weihnachtszeit und eine bevorstehende Lesung im Dezember einzustimmen, habe ich mich ebenfalls einem absoluten Klassiker gewidmet und Charles Dickens „Der Weihnachtsabend gelesen. Die letzte Lektüre und ein Theaterbesuch einer Fassung in Originalsprache lag schon lange, lange zurück.

Was bringt der Dezember?

Viel Schönes! Ich freue mich auf viel Kultur, kulinarische Genüsse, besinnliche Momente und festliche Augenblicke:
So zum Beispiel auf eine szenische Lesung des Weihnachtsklassikers von Charles Dickens „Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge in der Bühne am Schardthof und in meinem Heimattheater, dem Landestheater Niederbayern auf einen feinen Opernklassiker mit Händels „Xerxes“, das spritzige Kultmusical „Sweet Charity“ und eine amüsante, stimmungsvolle Christmas-Pantomime Jack and the Beanstalk – Hans und die Bohnenranke in britischer Tradition.

Für Agatha Christie-Fans gibt es heute (10.12.23) Abend auf ARTE um 20.15 Uhr Peter Ustinov in seinem letzten Leinwandauftritt als Hercule Poirot in „Rendezvous mit einer Leiche“ zu sehen (und gegebenenfalls auch noch bis zum 16.12.23 in der ARTE Mediathek).

Und was wäre der Advent und die Weihnachtszeit ohne Musik:
Am heutigen Sonntag (10.12.2023) sendet das ZDF um 18.00 Uhr das traditionelle Adventskonzert aus der Dresdner Frauenkirche: Dieses Jahr mit Hanna-Elisabeth Müller und Mauro Peter – alternativ ist es bis zum 01.12.2024 auch in der ZDF-Mediathek abrufbar.

Zudem gibt es an Silvester einen Livestream der Inszenierung Barrie Koskys von „Die Fledermaus“ mit Diana Damrau (u.a.) im Münchner Nationaltheater bei StaatsoperTV um 18.00 Uhr und auf ARTE um 22.40 Uhr.

Ich wünsche allen in diesem kürzestmöglichen Advent schöne, stimmungsvolle und ruhige Momente! Einen friedlichen Dezember, der hoffentlich ausreichend Zeit lässt für Besinnlichkeit, schöne Begegnungen, feine Kulturerlebnisse, Feiertagsfreuden, Genüsse jeglicher Art und all das, was wohl tut!

Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.

Gaumen-Highlight November:

Diesen Monat gibt es ausnahmsweise gleich zwei kulinarische Höhepunkte zu erwähnen: Denn es wurden – bevor es in die klassische Plätzchenzeit geht – noch die Schoko-Cookies mit Fleur de sel“ von Ole nachgebacken, das Rezept findet man hier auf seinem Nimmersatt-Blog.

Und in Venedig sind natürlich Cicchetti zum Aperitif bzw. der Ombra ein absolutes Muss – und dazu auch noch wirklich fein!

Musikalisches im November:
Eine venezianische Entdeckung auch hier in der Musikabteilung: Barbara Strozzis (1619 – 1677) wunderbares Lied „Che Si Può Fare“ aus dem Jahr 1664 – eine Erinnerung, die bleiben und lange nachklingen wird.

„Wir brauchen Bilder, Sonaten, Bäume, Gedichte, Gedanken, die nicht nur Ablenkung sind, sondern das Versprechen hellerer Momente, die es auch für uns wieder geben könnte, vielleicht geben wird. Wir brauchen Phantasien, Melodien, Farben, Worte, die unsere Hilflosigkeit besänftigen, unsere Zuversicht stärken.“

(aus Gabriele von Arnim „Der Trost der Schönheit“, S.72)

13 Kommentare zu „Novemberbowle 2023 – Aufhellung und Brückenschläge

  1. „Betrug“ habe ich auch sehr gern gelesen, ich mochte die Heldin sehr und die vielen Verweise sowohl in die Vergangenheit als auch auf die Gegenwart. Stark auch die Szenen, die auf Jamaika gespielt haben, als Rückblick von Bogle. Es war mein erster Smith, aber definitiv nicht mein letzter. „Dresden“ setze ich mir als Tipp mal auf die Liste. Einen schönen zweiten Adventssonntag

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    1. Danke, Constanze. Ich hatte von Zadie Smith vor einigen Jahren auch schon „Swing Time“ gelesen und „London N-W“ wartet noch ungelesen schon seit langer Zeit bei mir im Regal. „Betrug“ hat mir definitiv Lust gemacht, das jetzt auch bald zu lesen und ggf. noch mehr von Zadie Smith zu entdecken. „Dresden“ wird aus der Sicht eines Mannes aus Westdeutschland erzählt, der in seiner Jugend häufiger zu Besuch nach Dresden gereist ist. Gerade als Kontrast zu „Stern 111“ fand ich das sehr reizvoll. Herzliche Grüße und einen schönen zweiten Adventssonntag! Barbara

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    1. Schön, ich fand es wirklich sehr lesenswert und auf seine Weise auch sehr besonders, weil es so facettenreich und eben mehr als „nur“ ein historischer Roman ist. Viel Freude bei der Lektüre und einen schönen zweiten Adventssonntag!

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  2. Venedig ist bei meiner jüngsten Buchbestellung auch Thema, Patricia Highsmith hat dazu einen Krimi geschrieben. Den Film zu Margot Friedländer habe ich gesehen, nachdem ich ihr Buch schon vor langem gelesen hatte – berührend. Und ja, es passt grad gut, aber solche Geschichten passen immer, weil sie leider immer aktuell sind.

    Malina ist schwierig. Ich habe sie jüngst für die Büchergilde rezensiert. Und auch auf meinem Blog. Es ist kein Buch mit einer klaren Geschichte. Es ist ein vielschichtiges Konstrukt um Themen, wie ich finde. Muss man es lesen? Ich denke nicht. Man muss nichts lesen. Mich faszinierte Ingeborg Bachmann. Von dieser Warte her fand ich den Roman (den ich so nicht nennen möchte) spannend. Ich bin gespannt, wie es dir damit geht.

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    1. Da kann ich Dir nur beipflichten, Sandra.
      Ja, Patricia Highsmiths „Venedig kann sehr kalt sein“ steht definitiv auch noch auf meiner Liste, aber ich lasse das jetzt wohl erst Mal ein wenig sacken.
      Und ja, Malina (war ja auch die Büchergilde-Ausgabe, die ich gelesen habe 😉) habe ich wirklich nicht als einfach empfunden, aber ich plane noch einen ausführlichen Beitrag dazu zu schreiben. Doch auch da brauche ich vorher wohl noch ein paar Tage Verarbeitungs- und Nachdenkzeit, bevor ich mich daran machen werde.
      Herzliche Adventsgrüße und eine gute Zeit, Barbara

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  3. Liebe Barbara,
    danke für Dein umfangreiches Kaleidoskop zum November.
    Die ARD-Sendung zu Loriots 100. Geburtstag war klasse!
    Im Kino der Film von Margarethe von Trotta: „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“, einfühlsam, rätselhaft und wunderlich.
    Gesegnete Adventszeit
    und herzliche Grüße
    Bernd

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    1. Dankeschön. Bernd.
      Dann teilen wir die Begeisterung für Loriot, sehr schön.
      Der Bachmann-Film ist meines Wissens in Landshut leider gar nicht im Kino gelaufen, was schade ist. Da muss ich wohl warten, bis er irgendwann mal im Fernsehen gezeigt wird.
      Dir auch einen gesegneten, friedlichen und besinnlichen Advent und herzliche Grüße in die Stadt des Christkindls! Barbara

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  4. Liebe Barbara,

    Malina ist eine unvergessliche Lektüre und gehört zu meinen höchstpersönlichen Literaturolymp, wie alles von der Bachmann. Ich freue mich zu hören, wie es dir gefällt. Lutz Seilers Stern 111 werde ich gespannt bei dir verfolgen – mich hat „Kruso“ formal nicht so begeistert, obwohl ich anfangs das Buch sehr gelungen fand. Die Parallelen zu vielen DDR-Vorgänger-Romanen wurde mir dann am Ende doch zu frappant, aber vielleicht war der Leser der Thematik auch ein wenig müde 🙂 Viele herzliche Grüße!
    Alexander

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    1. Lieber Alexander,
      Malina war für mich – ehrlich gestanden – eine ziemlich herausfordernde Lektüre. Was aber natürlich durchaus auch mal sein darf.
      „Kruso“ habe ich damals kurz nach dem Erscheinen gelesen, daher sind mir die Parallelen oder Kontraste zu „Stern 111“ gar nicht mehr so präsent, weil das schon eine Weile her ist. Aber so manche Figur aus „Kruso“ bekommt in „Stern 111“ einen kurzen Gastauftritt…
      Meine Rezension zu Lutz Seilers Buch möchte ich noch dieses Jahr schreiben, ist fest geplant. Also bitte gerne wieder vorbeischauen. 🙂
      Gleiches gilt übrigens auch für „Malina“, obwohl das wohl eher eine Beschreibung meines Leseerlebnisses bzw. -eindrucks werden wird – und im Gegensatz zu Deinen ausführlichen und ausgefeilten Besprechungen der Bezeichnung „Rezension“ vielleicht nicht ganz gerecht werden wird. 😉
      Herzliche Grüße und einen schöne Start ins dritte Adventswochenende! Barbara

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    1. Danke, liebe Nina! Mittlerweile durfte ich die szenische Lesung bereits genießen und sie war wirklich zauberhaft gemacht. Solche Erlebnisse sind es, die dann zur Ruhe und in Weihnachtsstimmung kommen lassen.
      Ich wünsche Dir ebenfalls einen wunderbaren dritten Advent und sende ganz herzliche Grüße! Barbara

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