Die Vögel zwitscherten fröhlich um die Wette, wenn man sich zwischen zwei Schauern mal zu einem Spaziergang aufmachte – ein Singen und Tirilieren, das sofort Frühlingsstimmung ins Gemüt zauberte. Zumindest klanglich also ein gelungener April. Die kulinarische Spannbreite reichte von Ostereiern bis zum ersten Spargel, der ebenso jedes Jahr mit Vorfreude erwartet und genussvoll verspeist wird. Auch damit durfte man zufrieden sein.
Regenreich war er aber auch, dieser April – Rilkes Gedicht am Ende des Beitrags lässt grüßen.
Ein um so glanzvoller und strahlender Monat war es hingegen, was Kulturelles und Theaterbesuche betraf, denn der April offenbarte diesbezüglich einen Höhepunkt nach dem nächsten:
Den Auftakt machte die beschwingte Rat-Pack-Revue „Coleman’s Twelve“ im Landestheater Niederbayern, die mich geradezu glückselig aus dem Theaterzelt schweben ließ und über die ich hier bereits ausführlich berichtet bzw. geschwärmt habe.
Hochinteressant, spannend inszeniert und grandios gespielt war auch Juli Zehs Stück „Corpus Delicti“ im Landshuter Stadttheater, das zu einer eindringlichen und nachdenklich stimmenden Theatererfahrung wurde, die ich ebenfalls nicht missen möchte.
Brillant, pointiert und temporeich gespielt war die Komödie „Der Vorname“ im Theater Nikola ein weiteres Highlight in diesem Monat. Daher ebenfalls ein Theatererlebnis, das ich unbedingt festhalten wollte und über das ich ausführlich hier geschrieben habe, um meine Begeisterung zu teilen.
Eine ganz besondere Ausstrahlung, Ausdruckskraft und Charisma brachte auch Adele Neuhauser auf die Bühne im Theater Regensburg, wo sie begleitet von Edi Nulz – der Band ihres Sohnes – eine ganz zauberhafte Lesung aus Stephen Frys „Mythos“ gab. Durch intensiven Einsatz von Mimik, Gestik und durch die faszinierende Variabilität ihrer warmen, unvergleichlichen Stimme, mit der sie in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfte – vom polternden Chronos bis zum gewitzten Säugling Apollo – zog sie das Publikum von der ersten Minute an in ihren Bann. Ein wundervoller Abend mit einer großartigen und unfassbar sympathischen Künstlerin, die live einfach eine Wucht ist. Ein echter Genuss, den ich nur empfehlen kann, falls sie mit diesem oder einem anderen Programm in Eure Nähe kommen sollte!
Und wie könnte ein solcher Kulturmonat wohl eindrucksvoller enden als mit dem großen Ring-Finale bzw. Richard Wagners „Götterdämmerung“, die jetzt auch den niederbayerischen Ring des Landestheaters nach vier Jahren – und einer Pandemie zwischendurch – zu einem glücklichen Ende und zur Vollendung brachte.
Da in diesem Monat – auch dem Regenwetter geschuldet – so einiges an Lektüren zusammengekommen ist, werde ich mich bei den einzelnen Büchern kürzer fassen. Aber zu so manchem Werk gibt es bereits einen ausführlichen Beitrag und zu einigen weiteren werden demnächst noch ausführliche Besprechungen hier auf dem Blog erscheinen. Der April war bei mir – rückblickend betrachtet, ohne das geplant zu haben – literarisch durchzogen von ein paar Grundmotiven oder Themen: eine gewisse Sehnsucht nach Freiheitsgefühl und Urlaubsstimmung, Schauplätzen am Wasser, der Stadt Wien…
Den Auftakt machte die Nähe zum Wasser: Denn maritim wurde es gleich zu Beginn des Monats mit Günter Neuwirths drittem Zabini-Krimi „Sturm über Triest“. Die Stadt der Winde an der Adria war in diesem Band Schauplatz eines stürmischen Agentenkriegs im Jahre 1907 und der Kriminalroman wieder ein atmosphärisches und spannendes Lesevergnügen.
Urlaubsgedanken der anderen Art machte ich mir mit Kristine von Sodens Sachbuch „Ob die Möwen manchmal an mich denken?“, in welchem sie die Vertreibung jüdischer Badegäste an der Ostsee historisch aufarbeitet. Eine hochinteressante, sehr aufschlussreiche und wichtige, wenn auch bedrückende Lektüre, die ich gerade Ostseeliebhabern und -urlaubern wirklich empfehlen kann.
Dank meines Lesekreises durfte ich nach fast neun Jahren auf Thomas Hettches „Pfaueninsel“ zurückkehren. Das Buch, das ich bereits 2014 gelesen hatte und das optisch zu einem meiner absoluten Lieblingsstücke im Regal zählt, entführte mich erneut auf die Insel nahe Potsdam und in die philosophische Gedankenwelt rund um Schönheit, Kunst, Zeit, Wandel und Vergänglichkeit.
Mit der eigenen Vergänglichkeit setzt sich auch die Hauptfigur in Christina Walkers Roman „Kleine Schule des Fliegens“ auseinander. Und wer wissen will, was einen Mann, der sich nach einer Chemotherapie und überstandenen Krebserkrankung erholen möchte, mit den Saatkrähen in der Platane vor seinem Fenster verbindet, der sollte dieses außergewöhnliche Buch lesen.
Die Stadt Wien war gleich dreimal Schauplatz meiner Lektüre:
Mit den ersten zwei Bänden von Petra Hartliebs Jahreszeitenreihe „Winter in Wien“ und „Wenn es Frühling wird in Wien“ durfte ich lesend genau in den Übergang zwischen Winter und Frühling eintauchen, der sich auch draußen vor dem Fenster abspielte – das allerdings in der Belle Époque bzw. im Jahre 1912. Eine entspannte Lektüre, die vor allem BuchliebhaberInnen und Wien-Fans anspricht.
Eine dunkle und grausamere Seite Wiens zeichnet Ursula Poznanski in ihrem neuen Krimi „Böses Licht“, den ich als großer Theaterfan natürlich ebenfalls unbedingt lesen wollte, spielt er doch im legendären Wiener Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen. An Theaterkrimis und -romanen komme ich einfach nicht vorbei.
Dann ging es jedoch nach Norwegen mit Trude Teiges Roman „Als Großmutter im Regen tanzte“. Ein vielschichtiges, gerade auch geschichtlich sehr interessantes Buch, das ich unbedingt bald noch ausführlicher vorstellen möchte.
Um Freiheit, aber teilweise auch um Urlaubsgefühle ging es im weitesten Sinn bei folgenden Büchern:
Wie eine kleine Meditation bzw. eine Übung in Achtsamkeit und Entschleunigung war die Lektüre des literarischen Kleinods von Pia Solèr „Die Weite fühlen“, das ich mir in einer schönen Ausstattung der Büchergilde gegönnt habe. Die Autorin erzählt darin von ihrem Leben als Alphirtin, die den Sommer mit ihren Kühen alleine in den Bergen verbringt. Klar wie ein Gebirgsbach!
Meiner Italiensehnsucht durfte ich mit Klaus Modicks „Fahrtwind“ frönen und mich auf die Spuren von Eichendorffs Taugenichts in Person eines jungen Mannes in den Siebziger Jahren machen. Eine kurzweilige, stimmungsvolle Reise in den Süden, die mich gut unterhalten hat.
In die italienischsprachige Schweiz bzw. ins Tessin ging es dann mit dem zweiten Moira Rusconi-Krimi von Mascha Vassena: „Die Tote im Luganer See“. Ein Wiedersehen mit liebgewonnenen Bekannten, viel südlichem Flair und sonniger Urlaubsatmosphäre, das Lust auf den Sommer und – hoffentlich – auf eine baldige Fortsetzung dieser Krimireihe macht.
Auf eine lange Reise und die Suche nach Freiheit macht sich der aus Sizilien stammende Auswanderer Antonio in Giovanna Giordanos Roman „So viele Paradiese“. Märchenhaft, mystisch, überbordend erzählt – ein ungewöhnliches Werk aus Italien über gelingendes Leben, das ich bald noch näher vorstellen werde.
Was bringt der Mai?
Ich freue mich auf einen Wonnemonat mit Muße und Leichtigkeit, darauf aufs Wasser zu schauen und mir mit sachtem Maienwind den Kopf durchlüften zu lassen.
Ich hoffe auf mehr Zeit im Freien, etwas mehr Wärme und auf Gelegenheiten, die Seele baumeln zu lassen. Zudem wird hoffentlich endlich die Biergartensaison eröffnet und ich baue fest darauf, auch mal wieder draußen zu sitzen, dort ein gutes Getränk und Essen zu genießen oder etwas zu lesen. Zudem habe ich fest eingeplant, wieder mal ein Museum bzw. eine Ausstellung zu besuchen.
Im Lesekreis freue ich mich darauf – nach einigen bereits bekannten Büchern – dieses Mal ein für mich neues Werk zu entdecken, das ohnehin schon lange auf meiner Wunschliste stand: Monika Helfers „Vati“.
Außerdem möchte ich im Mai auch literarisch der blühenden, bunten Vielfalt frönen, die das Bücherfrühjahr und meine üppig bestückten Bücherstapel oder wohl besser ausgedrückt Büchertürme bereithalten.
In diesem Sinne wünsche ich allen einen sonnigen, wonnigen und fröhlichen Mai! Eine gute Zeit mit Kunst, Kultur, guten Büchern sowie Genuss und Muße für das Schöne im Leben!
Die ausführlichen Rezensionen sind jeweils auf den farbig hinterlegten Titeln verlinkt und ein Klick führt direkt zum jeweiligen Beitrag, wo dann auch die entsprechenden bibliographischen Angaben zu finden sind.

Gaumen-Highlight April:
Eine Premiere feierte diesen Monat das Paneer Tikka Masala – die Sauce basierend auf dem feinen und bereits mehrfach erprobten Rezept von Adrian auf Arcimboldi’s World – nur dass das Chicken dieses Mal durch den typischen indischen Käse ersetzt wurde. Fein war’s – kann ich nur empfehlen.
Musikalisches im April:
Der April ging schon beschwingt und gut gelaunt mit der Rat Pack-Revue „Coleman’s Twelve“ im Landestheater Niederbayern los: „Summertime“, „I’m feeling good“, „Fly me to the moon“, „Strangers in the night“, „New York, New York “, „My way“ usw. … all die ganz großen Nummern von Sinatra & Co.… und einfach wunderbar!















Aus einem April
(Rainer Maria Rilke, 1875 – 1926)
Wieder duftet der Wald.
Es heben die schwebenden Lerchen
mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;
zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war, –
aber nach langen, regnenden Nachmittagen
kommen die goldübersonnten
neueren Stunden,
vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten
alle die wunden
Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.
Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser
über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.
Alle Geräusche ducken sich ganz
in die glänzenden Knospen der Reiser.
Liebe Barbara,
Du sendest wieder eine bunte Bowle aus Theater, Lektüren, mit stimmungsvollen Aufnahmen und Lyrik. Wie Du das nur immer wieder schaust, liest und zusammenfasst?!
Selber hatte ich einen schönen Abend in der Oper zu „Carmen“.
Gute Wünsche für den Mai mit Frühlingsgrüßen
Bernd
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Dankeschön, Bernd. Der April war wirklich sehr reich und bereichernd – gerade auch kulturell besonders bunt und vielfältig. Es freut mich, dass Du auch einen schönen, wenn auch mit Bizets Carmen sicherlich dramatischen, Operabemd verbracht hast. In Landshut liegt die „Carmen“- Inszenierung schon wieder einige Jahre zurück. Dir auch einen wunderbaren Mai und herzliche, frühlingshafte Grüße, Barbara
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Liebe Barbara,
wie wunderbar, dass du den Kulturmonat mit der Götterdämmerung zum Abschluss bringen konntest. Ich habe im Februar auch erst den Ring-Zyklus gesehen (https://www.wissenstagebuch.com/2023/02/25/der-ring-des-nibelungen/ ), bei mir war es das allererste Mal. Könnte aber auch eine alle zehn Jahre wiederkehrende Tradition draus werden. 🙂 Grüße! Jana
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Liebe Jana,
Ich fand es wunderbar, dass wir jetzt auch in Landshut die Möglichkeit hatten – über ein paar Jahre verteilt und leider durch die Pandemie etwas verzögert – den vollständigen Ring-Zyklus zu erleben. Die „Götterdämmerung“ war ein würdiger Abschluss (nicht nur für meinen kulturellen April 😉).
Den Ring in der Semperoper erleben zu können, ist sicherlich nochmal etwas ganz Besonderes. Es freut mich, dass es Dir so gut gefallen hat, dass Du sogar eine Wiederholung in Betracht ziehst. 🙂
Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende! Barbara
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